Standbild
: Geneppt und geprellt

■ "Wie bitte?!"

„Wie bitte?!“, Freitag, 22.10 Uhr, RTL

Spießer, Spott und Schadensfälle – „That's Life!“ Nach dem Vorbild jener britischen Show vergreift sich auch RTL erfolgreich am recht ordentlichen Nationalcharakter. Wo etwa die ARD mental „Mayday“ funkt („Gaudimax“) oder Sat.1 mürbe absäuft („Dall-As“), da laufen die RTL-Realsatiriker zur Höchstform auf.

Rohstoff ihrer mit spätpubertärer Leidenschaft gespielten Sketche ist der aktenkundig gewordene, ganz normale alltägliche Wahnsinn: Dreistigkeit, Dummheit, Schlamperei. „Citybanker“ quälen Kunden nach der Kontokündigung mit Bonusguthaben, Strafzinsen und Kreditangeboten. Mit heimtückisch- hämischem Grinsen freuen sie sich: „Wenn Sie den Betrag nicht verstehen, nehmen wir eben einen anderen.“ Ein Ortstermin in Kassel: Die Fenster eines Altbaus wurden durch einen Neubau zugemauert. Schließlich der Praxistest an der Urlauberfront: Spanienreisende verstehen nur spanisch: Sie übersetzen „dreizehnmal“ mit „drei Bier“. Die Raffkes von der „Familie H. aus B. an der S.“ wollen gar 15.000 Versicherungsmärker für Gepäck kassieren, können aber leider die Existenz des Koffers nicht belegen. Eine arglose Freiburgerin zahlt 150 Mark für die Heimarbeit an der wertlosen „besonderen Wundertüte“ drauf. Allesamt Menschen, die sich „unverschuldet in den Fallstricken von Ämtern und Firmen verfangen haben“, wie uns die Sendungsmacher weismachen wollen.

Klar, solches Infotainment appelliert erst mal an die Schadenfreude; aber instinktsicher und mit antiautoritärem Spaß an der tragikomischen Wechselwirkung von blauäugig und kaltblütig. Derlei liefert auch ein süffisantes Studienobjekt für Ethnologen – die RTL-Comedians treffen nämlich genau den Unterton, der angelsächsische Satiren so boshaft-präzise macht. Es sind die hemmungslos-naiv verkörperte Durchschnittlichkeit, die einfühlend zugespitzte Mimik von Arglist und Ahnungslosigkeit.

Wie banal erscheint dagegen das Selbstbild der Sendungsmacher: „Man habe sich schon mehrmals erfolgreich für „Geneppte und Geprellte“ eingesetzt, klopfen sich die Robin Hoods im Hause RTL auf die Brust. Bei soviel Wirkmächtigkeit ist es kein Wunder, daß die mehrfach betroffene Telekom ein „Wie bitte!?“-Video bereits zu ihrer Mitarbeiterschulung verwendet. Dieter Deul