■ Das Portrait
: Linus Carl Pauling

Von Kollegen wurde er als der „genialste Wissenschaftler dieses Jahrhunderts“ bezeichnet. Bis ins hohe Greisenalter hatte der Chemiker und Friedenskämpfer Linus Carl Pauling, der Freitag abend 93jährig in Kalifornien verstarb, sich mit Leidenschaft für seine Ideale eingesetzt. Ihm wurde die einzigartige Ehre zu Teil, im Laufe seines Wirkens zweimal mit einem ungeteilten Nobelpreis ausgezeichnet worden zu sein. 1954 wurde Pauling für seine wissenschaftlichen Arbeiten am California Institute of Technology (Caltech) auf dem Gebiet der Strukturaufklärung von Proteinen geehrt. Als erster hatte er die Helix-Struktur von Eiweißmolekülen nachweisen können. Damit gehörte er zu den Mitbegründern der modernen Molekularbiologie. Nach dem Zweiten Weltkrieg engagierte er sich als radikaler Vorkämpfer gegen die Atomwaffentests. Er unterstützte Oppenheimer, als dieser sich weigerte, an der Entwicklung der Wasserstoffbombe zu arbeiten. In der McCarthy-Ära wurde er deshalb beschuldigt, unter kommunistischem Einfluß zu stehen. Sein Einsatz für Frieden blieb jedoch ungebrochen. Er nutzte seine weltweiten Kontakte, um gegen die Atombombenversuche in Ost und West anzugehen. 1958 übergab Pauling der UN eine Petition mit den Unterschriften von mehr als 11.000 Wissenschaftlern aus 48 Ländern, die sich für die EinstelFriedenskämpferFoto: E. Sulzer-Kleinemeier

lung aller Versuche aussprach. Als er dafür erneut vor einem amerikanischen Untersuchungsausschuß kam, verweigerte er die Zusammenarbeit. Seinem Engagement war es mit zu verdanken, daß 1963 ein internationales Verbot von Atombombenversuchen in der Atmosphäre, im Weltall und unterwasser zustande kam. Dafür erhielt er im Oktober 1963 nachträglich den Friedensnobelpreis für 1962.

Der Ausbruch des Golfkrieges gab Pauling erneut Anlaß, sich als Friedenskämpfer einzusetzen. In einem offenen Brief an US- Präsident Bush forderte er diesen auf, Verhandlungen mit Hussein aufzunehmen: „Sie können diese Katastrophe abwehren.“ Umstritten blieb Pauling wegen seiner Thesen über die Wirkung von Vitamin C. Er war überzeugt, daß sich mit der Zufuhr von großen Mengen des Vitamins Krebs bekämpfen lasse. Obwohl der Forscher täglich eine Portion zu sich nahm, erkrankte er an Prostatakrebs. Pauling war trotzdem der Meinung, daß die Vitamingaben das Ausbrechen seines Leidens um rund 20 Jahre verzögert hatten. Wolfgang Löhr