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Fraktionen unter Druck

■ Gerichtsurteil stellt Finanzierung infrage

Anfang Juli hat die Bürgerschaft ein neues Abgeordnetengesetz verabschiedet – und fast sieht es aus, als könnte das Gesetz schon wieder kippen. Das Schleswiger Verwaltungsgericht hat Mitte Juni festgestellt, daß die Finanzierung der Fraktionen im Kieler Landtag möglicherweise gegen verfassungsrechtliche Grundsätze verstößt. Ein Richterspruch, der Folgen auch in Bremen haben könnte, denn: Wenn die Meinung in der nächsten Instanz bestätigt werden sollte, dann wäre damit auch das bremische Abgeordnetengesetz vom Tisch. Dann nämlich müßten sich die Fraktionen in der Bürgerschaft der unpopulären Diskussion stellen, wieviel Geld sie denn tatsächlich brauchen.

Bis heute ist es in Kiel wie in Bremen Praxis, daß sich die Fraktionen ohne viel Federlesen selbst aus dem Staatssäckel bedienen. Um die staatlichen Zuschüsse für die Fraktionsarbeit zu erhöhen, müssen sie noch nicht einmal im Parlament debattieren, ein kleiner Beschluß im Haushaltsausschuß unter Ausschluß der Öffentlichkeit – und die Mittel fließen. Das taten sie reichlich in den letzten Jahren, und so sollte es auch nach Meinung der Bremer Abgeordneten bleiben. Das neue Gesetz hat an dieser Praxis nichts geändert.

„Die Zahlungen haben im Durchschnitt sehr viel schneller zugenommen als irgendwelche sinnvollen Vergleichszahlen“, attestieren die Richter dem Kieler Landtag. Dort haben die Abgeordneten die Zuschüsse zum Beispiel zwischen 1977 und 1980 mehr als verdoppelt – wie in Bremen. Und wenn die Richter vorrechnen, daß die Zuschüsse 1987 achtmal höher waren als 20 Jahre zuvor: in Bremen ist der Faktor 10. „Wirksame Kontrollen“ – Fehlanzeige, stellen die Richter fest. Der Präsident des Bremer Landesrechnungshofes hat das Urteil nun an die Bürgerschaft gegeben. J.G.

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