Stand Anwalt Vergès auf Mitterrands Mordliste?

■ Polizeichef bezichtigt Staatspräsidenten

Paris (AFP) — Der Verteidiger des Terroristen „Carlos“, Jacques Vergès, sollte Anfang der achtziger Jahre vom französischen Geheimdienst ermordet werden. Der ehemalige Chef der Gendarmerie-Sondereinheit GIGN, Paul Barril, bestätigte am Sonntag abend, daß Vergès zwischen 1982 und 1983 „ein vorrangiges Ziel“ der Geheimdienste gewesen sei. Wegen dieser Behauptung ist nun Staatschef François Mitterrand heftig unter Druck geraten. Barril sagte dazu, Vergès habe Anfang der achtziger Jahre zweimal auf einer dem Staatschef vorgelegten Abschußliste gestanden, er könne dies „nicht dementieren“. Der Anwalt selbst erneuerte seine Vorwürfe und nahm erstmals auch direkt den Staatspräsidenten ins Visier. „Mitterrand hatte entschieden, mich ermorden zu lassen. Das ist ein Verbrechen“, sagte Vergès. Das Präsidialamt äußerte sich zunächst nicht. Vergès hatte zu Beginn der achtziger Jahre die beiden Carlos-Vertrauten Magdalena Kopp und Bruno Breguet verteidigt. Nach Presseberichten hatte er auch damals schon Kontakt zu Carlos, der seit einer Woche in französischer Haft sitzt. Der Anwalt hat dies stets dementiert. Barril, Chef der Anti-Terror-Einheit, die mit der deutschen GSG 9 vergleichbar ist, erläuterte, seinerzeit seien alle französischen Geheimdienste hinter Vergès hergewesen, „weil er im Zentrum aller terroristischen Kontakte stand“. Der ehemalige GIGN-Chef widersprach auch nicht der Darstellung, daß er selbst mit „dieser Mission (der Ermordung) beauftragt“ gewesen sei. Mitterrand und der damalige sozialistische Premierminister Pierre Mauroy seien „unterrichtet“ gewesen. Der Direktor der Spionageabwehr DST (Direction de la Surveillance du Territoire) in den Jahren 1982 bis 1985, Yves Bonnet, wies diese Darstellung zurück. „Es war niemals geplant, Vergès zu eliminieren.“