Oh Psychopathia! Oh sexualis!

■ Piuh, piuh, piuh!!! „Machen wir's wie Cowboys!“ im Kino

Früher ging das so: Mein Bruder setzte sich ein zerfleddertes Gebinde aus bunten Federn auf, während ich zum filzigen Stetsonimitat eine Kunstlederweste mit Fransen trug. Jeder von uns hatte eine Knarre. Er das Holzgewehr, ich den Colt mit 12er Trommel. Dann fingen wir beide an laut „piuh! piuh!“ zu schreien und wie wild durchs Wohnzimmer zu rennen... „Cowboys und Indianerles“ hieß die Nummer, und wir spielten sie immer wieder gerne durch.

Ja, irgendwie sind wir doch alle Cowboys. Auch wenn es mit dem eigentlichen Berufsstand im Zuge der allgemeinen Modernisierung ziemlich traurig bergab gegangen ist. Diesem Umstand trägt auch der Film „Machen wir's wie Cowboys“ Rechnung. In einem kleinen Kaff in New Mexico vergnügen sich die Jungs mit showmäßigem Rodeoreiten und Bullenfangen. Am Ende des 20. Jahrhunderts ist von den alten Western nur noch eine Trachtengruppe geblieben. So hätten denn auch die Provinznasen Pepper (Woody Harrelson) und Sonny (Kiefer Sutherland; Mann, ist der dick geworden!) den Rest ihrer Tage gut und gern mit derartigen folkloristischen Einsätzen verbringen können. Aber nein, das Drehbuch hat Höheres mit ihnen vor. Die beiden Landeier werden nach New York verschickt, wo sie auf der Jagd nach bösen Menschenschleppern ausgiebig Gelegenheit finden, ihr viehhüterisches Handwerkszeug ins Spiel zu bringen.

Wirklich sehenswert ist davon nur, wie sich Woody Harrelson im Waldorf Astoria bei einem blow- job an einer Flasche ChÛteau Lafitte eine dicke Zunge einfängt. Harrelsons oralakrobatische Fähigkeiten verleihen dem ansonsten einfältigen Film zuweilen eine untergründig zotige Dimension: in ihm verschmilzt ungebändigter Infantilismus mit einem anachronistischen Code des Machismo. Das hat Stil.

Zumindest in allgemeinbildender Hinsicht interessant war eine zweite Szene, in der ein Schurke durch einen sodomitischen Akt zum Singen gebracht wird. Oh, schöne Welt der Psychopathia sexualis! Der Rest des Films jedoch besteht aus ziemlich lustlos runtergekurbeltem Standardkino. Dumme Sprüche, langweilige Verfolgungsjagden und noch langweiligeres Haue-Haue. Der Reanimationsversuch des Westerngenres ist mit „Machen wir's wie Cowboys“ wieder mal auf ganzer Linie gescheitert. Da, lob' ich mir meine schöne alte Kunstlederweste. Piuh! Piuh! Martin Muser

„Machen wir's wie Cowboys“, Regie: Gregg Champion, Buch: Bill Wittliff, Kamera: Dean Semler. Mit: Woody Harrelson, Kiefer Sutherland u.v.a.