Lesothos Militärs in die Kasernen locken

■ Unangenehm ist der Königsputsch auch für Südafrikas Regierung

Johannesburg (taz) – „Meine wichtigste Waffe,“ so erklärte Südafrikas Staatspräsident Nelson Mandela vor einigen Monaten, „ist der Dialog.“ Am heutigen Donnerstag muß sich zeigen, ob sein bevorzugtes Mittel genügt, um im Königreich Lesotho die Militärs wieder in die Kasernen zu schicken.

Gestützt vom Offizierskorps der Sicherheitskräfte hat der 30jährige König Letsie III in der vergangenen Woche den 76jährigen Ministerpräsidenten Ntsu Mokhehle gestürzt und das Parlament aufgelöst. Am heutigen Donnerstag erscheinen nun der junge Monarch und der greise Premierminister in Südafrikas Hauptstadt Pretoria, um dort mit Präsident Nelson Mandela, Simbabwes Staatsoberhaupt Robert Mugabe und Botswanas Präsident Quett Masire zu beraten.

Das Ziel Mandelas ist klar, wie er schon am Dienstag abend erklärte: „Die Demokratie muß wiederhergestellt, Premierminister Mokhehle wieder eingesetzt werden.“ Doch das ist leichter gesagt als getan. Erzbischof Desmond Tutu, der während der vergangenen Tage auf Einladung des Kirchenrats in dem Königreich von der Größe Belgiens zu vermitteln suchte, verglich die Lage gar mit Haiti: „Auch hier in Lesotho wurden die Wahlen mit überwältigender Mehrheit von einer Partei gewonnen, die die Militärs nicht mögen.“ Sein Vorschlag zur Güte: Die Basothos, wie Lesothos Bewohner heißen, sollen in der Form eines nationalen Dialogs nach Lösungen suchen.“ Doch das könnte zu lange dauern. „Das südliche Afrika will als Tor für ausländische Investitionen in Afrika dienen. Wir brauchen dazu Stabilität“, erklärte am Dienstag Namibias Minister für Handel und Industrie, Hidipo Hamutenya, „und können nicht erlauben, daß Uniformen und Gewehre wieder in Mode kommen. Es wird deshalb eine sehr starke Reaktion der Staaten des südlichen Afrika geben.“ Die dürfte sich endgültig am 29. August bei der Tagung der „Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika“ (SADC), zu der Südafrika beitreten wird, herausschälen.

Simbabwes Staatsapräsident Mugabe brannte schon darauf, Truppen in das Königreich mit 1,8 Millionen Einwohnern zu schicken. Aber Nelson Mandela will bei der ersten außenpolitischen Krise seiner Amtszeit nicht gleich mit Brachialgewalt handeln – nicht nur, um neue Furcht vor der Regionalmacht am Kap zu vermeiden, sondern auch, um keinen Präzedenzfall südlich der Sahara zu schaffen. Die USA, Großbritannien und auch Frankreich würden es nicht ungern sehen, wenn Pretoria nach der Demokratisierung in die Rolle der afrikanischen Ordnungsmacht schlüpfte. Aber selbst innenpolitisch steht Mandela unter Druck. Der 1,3 Millionen zählende Gewerkschaftsbund Cosatu hat bereits ein totales Handelsembargo gefordert.

Diese Mittel wandte schon 1986 das damalige Apartheid-Regime mit Erfolg an, um einen mißliebigen Staatschef in Lesotho zu kippen. Das Königreich ist völlig von Südafrika umgeben. Rund 40 Prozent des Bruttosozialprodukts stammen von etwa 100.000 Wanderarbeitern, die überwiegend in den Minen Südafrikas beschäftigt sind. Die USA haben bereits ihre komplette Hilfe eingefroren. Aber Mandela mußte eingestehen: „Ohne Unterstüzung der Sicherheitskräfte kann in dem Land niemand regieren.“ Diese Rückendeckung aber besitzt das neue Regime und nicht der gestürzte Premier. Außenminister Evaristu Sekhonyana, Führer der bei den Wahlen des vergangenen Jahres unterlegenen „Basotho National Party“ (BNP), erklärte am Mittwoch denn auch selbstbewußt: „Sie können die Grenzen sperren oder Hilfe aussetzen, das Problem lösen sie damit nicht.“ Der schwergewichtige Sekhonyana, der Lesotho über lange Jahre regierte, schaffte im vergangenen Jahr nicht einmal den Sprung ins Parlament. Die „Basotholand Congress Party“ (BCP) des gestürzten Mokhehle holte damals 74 Prozent der Stimmen.

Vorwiegend die älteren Offiziere lehnten Mokhehles Partei ebenfalls ab. 1993 gab es deshalb sogar interne bewaffnete Auseinandersetzungen bei den Sicherheitskräften. Bei Demonstrationen gegen den königlichen Putsch starben in der vergangenen Woche fünf Menschen. Die königlich ernannte Diktatur kündigte bereits an, daß Sicherheitskräfte und Bürokratie nun „gesäubert“ werden sollen. Willi Germund