Polen ist die Hälfte seiner Schulden losgeworden

■ Erfolg für Linksregierung / Der Schuldendienst frißt jetzt Devisen

Warschau (taz) – Polens Auslandsschulden sollen von ingesamt 13 Milliarden Dollar auf die Hälfte reduziert werden. Dazu habe sich der Londoner Klub der kommerziellen Banken bereit erklärt, verkündete der polnischen Finanzministers Grzegorz Kolodko am Freitag im polnischen Fernsehen.

Über eine Reduzierung hatte Polen bereits seit vier Jahren erfolglos verhandelt. Die Banken hatten dabei stets eine Reduzierung um weniger als die Hälfte vorgeschlagen. Die polnischen Unterhändler versuchten hingegen immer wieder, ihren Erfolg aus den Verhandlungen mit den staatlichen Gläubigern von 1991 zu wiederholen; damals ließen sich die Vertreter der kreditgebenden Staaten zu einer Halbierung der Schulden breitschlagen. Für Polen bedeutet die Einigung nun zunächst Mehrausgaben, da die Hälfte der Schulden bedient werden muß. Allein für dieses Jahr hat sich Polen verpflichtet, ein Viertel der Verbindlichkeiten zurückzukaufen. Das entsprechende Abkommen soll am 13. September unterschrieben werden.

Die Schuldenreduzierung ist ein Erfolg für die regierende Koalition aus Bauernpartei und exkommunistischen Sozialdemokraten. Sie hat erreicht, was mehreren Solidarność-Regierungen nicht gelungen war. Die zähen Verhandlungen waren allerdings immer wieder von Berichten über Finanzskandale begleitet worden: Polen hatte insgeheim und entgegen seiner Verträge mehrfach versucht, Teile seiner Schulden zurückzukaufen. Der Chefunterhändler Polens für die Umschuldungsverhandlungen wurde schließlich ausgewechselt. Mehrere Regierungswechsel und noch häufigere Wechsel im Finanzministerium hatten zu weiteren Verzögerungen geführt.

Mit der Einigung macht Polens Regierung Propaganda: Die westliche Geschäfts- und Bankenwelt habe ihr Verhältnis zu Polen nicht geändert, nachdem die Exkommunisten die Wahlen im letzten Herbst gewonnen hatten. Finanziert werden soll der Schuldenrückkauf und die anschließenden Zinszahlungen und Tilgungsraten unter anderem mit Hilfe von Überbrückungskrediten der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds. Das Abkommen mit den kommerziellen Banken eröffnet Polen auch Zugang zu mehr westliche Krediten und – falls Polens Nationalbank dies zuläßt – zu mehr Investitionen westlicher Banken in Polen. Viele Geldhäuser hatten ein größeres Engagement von einer Einigung über die Altschulden abhängig gemacht. Klaus Bachmann