Voscherau freut sich, Herzog hetzt

■ Senatschef nicht rekrutiert / Bundespräsident im Streß

Soo ein Tag! Der Bundespräsident in Hamburg, und der Bürgermeister darf auch hier bleiben. Roman Herzog traf gestern bei seinem Antrittsbesuch an der Elbe auf einen überaus unverkrampften Henning Voscherau. Kein Pflichtauftritt in Scharpings Schattenkabinett, die Rekrutierungsversuche des SPD-Kanzlerkandidaten erfolgreich abgewimmelt. Soo wunderschön wie heute!

Erst am Wochenende hatte Voscherau erfahren, daß Rudolf Scharping endgültig auf eine Rekrutierung des unwilligen Bürgermeisters als Verteidigungsministerkandidat verzichtet. Gerade noch rechtzeitig, um die Rolle des nur „dem Wohle der Hansestadt“ verpflichteten Senatschefs auch beim Herzog-Besuch so richtig schön ausspielen zu können.

Lockeres Lächeln beim Defilee der Ehrengäste. Stolzer Hamburg-Kapitän bei der obligatorisch verregneten Hafenrundfahrt mit dem Präsidenten. Eine vehemente Tischrede für Föderalismus (soll heißen, mehr Kompetenzen für Senatschefs) und für eine schnelle Personenbeförderung nach Berlin (soll heißen Transrapid, und zwar subito). Bürgermeister Hamburgs zu sein, das ließ Voscherau in jeder Geste spüren, ist der tollste Job der Welt. Armer Roman Herzog.

Gegen soviel Hanse-Enthusiasmus kommt der kräftigste Bazi nicht an. Zumal, wenn er von Termin zu Termin geschleift wird. Flughafen, Computermesse, Bürgerschaft, Senatsempfang, Hafenrundfahrt, Container bestaunen, Abflug. Keine Pause im Protokoll, da hält man sich lieber ans Redemanuskript, verzichtet auf die geliebte, vom Präsidenten-Team aber eher gefürchtete Stegreifrede.

Herzog tut Voscherau den Gefallen, plädiert zum wiederholten Male für eine neue Finanzverfassung, die den Bundesländern mehr Geld verschaffen und größeren Entscheidungsspielraum eröffnen soll. Die Rede des Bundespräsidenten, befindet ein Senator beim Mokka, sei doch deutlich abgefallen gegen die Voscheraus. Kein Wunder, an diesem Tag. uex