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Vom Urhuftier zum Buckelwal

■ Ausstellung „Wale aus der Deutschen Bucht“ in Oldenburg

Das 7,50 Meter lange Buckelwalweibchen, das im April 1991 tot an den Strand bei Wilhelmshaven gespült wurde, war in der nahrungsarmen Nordsee verhungert. Das Skelett des elend verendeten Jungtiers ist optischer Mittelpunkt der am Sonntag eröffneten Ausstellung „Küstenfunde – Wale aus der Deutschen Bucht“ im Oldenburger Staatlichen Naturkundemuseum.

Fast 25 Jahre hat der scheidende Museumsdirektor Karl Otto Meyer alle an der niedersächsischen Küste gestrandeten Wale in seinem Museum gesammelt, konserviert und präpariert. Der Buckelwal ist das einzige Museumsobjekt dieser Art in Deutschland. Die Ausstellungskonzeption läßt das Unikat zusammen mit zwei kleineren Artverwandten vor riesigen meerblauen Stellwänden „schwimmen“. Weniger spektakuläre Küstenfunde ergänzen den Einblick in den Lebensraum Meer.

„Mit einem Lächeln. Fünfzig Millionen Jahre alt“, faßt der Walforscher H. Williams in seinem Buch „Kontinent der Wale“ die Faszination des größten und weltweit bedrohten Säugetiers auf den Menschen zusammen. Die Entwicklungsgeschichte der Wale vom allesfressenden Urhuftier, das sich vor 55 Millionen Jahren zum Überleben ins Wasser begab, zu den beiden Stämmen der Barten- und Zahnwale mit 78 bekannten Arten, ist weitgehend erforscht.

Die von Magnetlinien geleiteten Reiserouten der Wale vom Sommerquartier in polaren Gewässern zum Überwintern in tropischen Gefilden sind bekannt. Dabei muß die Nordsee zügig durchquert werden. Die zwei Tonnen Nahrung, die ein ausgewachsener Wal täglich benötigt, gibt der Ableger des Atlantik nicht mehr her.

„Warum kehren die Wale an Land zurück?“ umriß der Zoologe Horst Kurt Schminke bei der Ausstellungseröffnung eines der letzten Geheimnisse der Wale. Werden kranke Tiere, wie das an der Wirbelsäule deformierte Buckelwalweibchen von Wilhelmshaven aus ihrer Gruppe ausgestoßen, weil sie das Schwimmtempo nicht einhalten können? Sondern kranke Tiere sich selbst ab, um ihre Population nicht zu gefährden? Der tödliche „Landgang“ (Schminke) der Wale ist noch Stoff für Vermutungen und Mythen, zu denen der Wal seit jeher animiert hat. (Zur Dauerausstellung „Küstenfunde“ ist ein gleichnamiges Begleitheft für 7,50 Mark erschienen.).

Karin Güthlein, dpa

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