Der Opposition den Wind aus den Segeln nehmen

■ Sri Lankas neue Regierung will schnell handeln: mit tamilischen Separatisten sprechen, die Korruption eindämmen und Menschenrechtsverletzungen aufklären

Delhi (taz) – Die tamilische Separatistenorganisation „Befreiungstiger von Tamil Eelam“ (LTTE) ist zu Gesprächen mit der neuen srilankischen Regierung bereit – unter bestimmten Bedingungen. Gegenüber einer lokalen Zeitung auf der von der LTTE kontrollierten Halbinsel Jaffna sagte der zur Führungsspitze der „Tiger“ zählende Anton Balasingham, seine Organisation erwarte „Zeichen guten Willens“ von seiten der Regierung unter Premierministerin Chandrika Kumaratunga. Dazu zählte er die Erklärung eines Waffenstillstands, die Aufhebung des seit vier Jahren bestehenden Wirtschaftsboykotts gegen Jaffna und die Bewegungsfreiheit zwischen den beiden Kriegszonen.

Chandrika Kumaratunga, die auch das Finanzministerium und das Portefeuille für „ethnische Beziehungen und nationale Versöhnung“ unter sich hat, hatte der LTTE kurz nach ihrem Wahlsieg im August Verhandlungen angeboten und in ihrer ersten Rede vor dem neugewählten Parlament ihre Entschlossenheit bekräftigt, den über zehnjährigen ethnischen Konflikt friedlich zu beenden.

Vor einer Woche machte die Regierung einen ersten Schritt, als sie bekanntgab, den Boykott gegen Jaffna partiell aufzuheben und zumindest Güter für den Alltagskonsum wieder freizugeben. Das Embargo trifft etwa 600.000 Tamilen.

Das Angebot der Regierung in Colombo geschah ohne Einverständnis von Präsident Wijetunga, der auch Verteidigungsminister ist und dessen Partei UNP nach siebzehn Jahren an der Macht jetzt in der Opposition sitzt. Auch die Armee wurde nicht gefragt. Chandrika Kumaratunga hofft offensichtlich, daß eine positive Reaktion der LTTE der Opposition den Wind aus den Segeln nehmen wird.

Beobachter warnen allerdings vor allzu großem Optimismus. Der Machthaber von Jaffna, V. Prabhakaran, hat bereits öfter Gespräche begonnen, diese aber abgebrochen, sobald er das Ziel einer Stärkung seiner militärischen Position erreicht hatte. Die „Befreiungstiger“ der LTTE sind bisher nie von der Forderung eines unabhängigen Staates Eelam abgerückt, und kein Politiker der singalesischen Bevölkerungsmehrheit könnte das akzeptieren.

Die Premierministerin muß auch mit dem tiefsitzenden Mißtrauen der gemäßigten Tamilen- Parteien rechnen, von deren Unterstützung das Überleben ihrer neuen Regierung abhängt. Mehrere Führer dieser Parteien sind von Prabhakarans Leuten ermordet worden.

Auch in anderen Bereichen schlägt die Regierung ein forsches Handlungstempo an. Sie hat mehrere Kommissionen eingesetzt, welche die schleppenden Untersuchungen über Menschenrechtsverletzungen und das Verschwinden politischer Aktivisten binnen vier Monaten zu Ende führen sollen.

Für eine permanente Kommission gegen Korruption und Schmiergelder wurden die ersten Rechtsschritte eingeleitet. Letzten Sonntag machte sie ein weiteres Wahlversprechen wahr, indem sie mehrere staatliche Großaufträge für ausländische Lieferanten blockierte: Dazu gehören eine Lieferung von fünf Airbus-Flugzeugen an Air Lanka, von denen zwei bereits eingetroffen sind, ein Fernmeldegeschäft mit AT&T und Marubeni und der Kauf von Rüstungsgütern zweiter Hand aus Rußland.

Kurz zuvor hatte der Minister für Verfassungsfragen, Prof. G. L. Peiris, angekündigt, daß seine Regierung die Schweiz möglicherweise um Rechtshilfe bei der Aufklärung von illegalen Kommissionszahlungen auf Schweizer Bankkonten ersuchen werde. Nach seiner Meinung sind während der 17jährigen Regierungszeit der bei den letzten Wahlen besiegten UNP bis zu vierzig Prozent des Budgets für Auslandsgeschäfte in private Taschen geflossen.

Auch eine Auktion will die Regierung in den nächsten Wochen steigen lassen. Dabei sollen Siebener-BMWs und Volvo-940-Modelle unter den Hammer kommen, welche die alte Regierung drei Monate vor den Wahlen einführen ließ. Es ist, als hätte diese den Ausgang der Wahlen schon damals geahnt. Nutznießer der Edelkarrossen sollten nämlich – ehemalige Minister werden. Bernard Imhasly