Juristenkongreß für Strafmilderung

■ Resolution an die UNO für besondere Kinder-Menschenrechte

Zum Abschluß des 14. Kongresses der Internationalen Vereinigung der Jugend- und Vormundschaftsrichter ist klar: Der vielfache Ruf nach härteren Sanktionen gegen straffällige Jugendliche prallte an den knapp 400 TeilnehmerInnen aus 62 Ländern ab. Die Fachwelt ist dagegen.

„Die Praktiker sind näher dran“, erklärt der Hannoveraner Kriminologe Christian Pfeiffer die Diskrepanz zwischen öffentlicher Meinung und ExpertInnenwissen. Die RichterInnen erfahren ganz direkt, daß das Wegsperren angesichts der damit verbundenen 80%igen Rückfallquote nichts bringt. Demgegenüber haben sich Präventionsmaßnahmen und die Schwerpunktsetzung auf informelle Sanktionen bei gleichzeitigem Ausbau sozialstaatlicher Angebote als effektiver erwiesen. „Die richterliche Unabhängigkeit ist ein hohes Rechtsgut“, warnt der Kriminologe Frieder Dünkel, „sie darf sich von Zeitströmungen nicht abhängig machen.“

Die am Abschlußtag verlesene und an die UNO gerichtete Resolution fordert die Liberalisierung des Jugendstrafrechts und damit einen weitgehenden Verfahrensverzicht für Bagatellfälle, die nach wie vor den größten Teil der Jugendkriminalität ausmachen. In der Regel, erklärte Horst Schüler-Springorum, Münchner Kriminologe und Verfasser der Resolution, sei es für die Jugendlichen „ein ausreichend gravierendes Erleben“, von der Polizei oder Staatsanwaltschaft ermahnt zu werden. Allerdings wirft ein solches Verfahren neue Fragen auf, wie der Kongreß, der besonders die „Frage der Menschenrechte“ thematisierte, deutlich machte.

Es könnte passieren, problematisiert Schüler-Springorum, daß sich der Jugendliche im informellen Verfahren überrumpeln, sich womöglich zu Schuldbekenntnissen überreden läßt. Der Kongreß ist einhellig der Meinung, daß auch einem Jugendlichen das Menschenrecht auf ein ordentliches Verfahren und damit anwaltlichen Beistand nicht verwehrt werden darf. Die Resolution fordert daher, daß der Jugendliche selbst entscheiden kann, ob er das informelle dem gerichtlichen Verfahren vorzieht. Tut er dies, darf die Strafe nicht höher ausfallen als die, die ihn in einem Prozeß erwarten würde.

Die ExpertInnen forderten auch eigens formulierte Menschenrechte für Kinder und Jugendliche Gemeint sind etwa die Straßenkinder, die stehlen oder gar morden, um zu überleben. Das habe mit der Kriminalität von Erwachsenen nichts zu tun, sei folglich auch anders zu behandeln. dora