■ Tun und Lassen
: Putzen, Spülen & Co

Manche lassen ja keine Gelegenheit aus, Mühselige und Beladene aufzuspüren, sie zärtlich an die Brust zu drücken und damit unsereinem auch noch ein schlechtes Gewissen zu machen. Kürzlich legte das Familienministerium eine Zeitbudget-Studie vor. Darin hat man herausgefunden, daß der/die statistische Deutsche pro Tag weniger als 15 Minuten damit verbringt, was jedenfalls die Studie unter Kultur faßt: Lesen und Musikhören. Wer einen um Fußball, Fernsehen und Telefonieren erweiterten Kulturbegriff hat, wird sich darüber nicht aufregen. Wie eine Bombe schlugen andere Ergebnisse ein. Die Familienministerin hatte es zwar schon vorher geahnt, aber nun kann sie – empirisch abgesichert – nur noch zu einer Predigt ausholen: „Umdenken ist erforderlich!“

Worum es geht? Haushalt, natürlich. Selbst in einer kinderlosen Ehe, wo beide berufstätig sind, verbringt die Frau noch immer anderthalbmal soviel Zeit mit Hausarbeit wie der Mann: fünf zu drei Stunden. Macht zusammen acht. Gibt es wirklich so viele Leute, die täglich ihre Antiquitäten mit dem Haarpinsel abstauben? Auch Rentner werkeln pro Tag fünf Stunden im Haushalt. Hausarbeit, das weiß inzwischen jeder, ist „unbezahlte Arbeit“ wie familiäre Kinderbetreuung, Kranken- und Seniorenpflege. Natürlich wissen wir auch, daß Frauen mit Kindern, womöglich noch berufstätig, diese „unbezahlte Arbeit“ leisten müssen, weil Männer keine Lust dazu haben. Und deshalb fordert Frau Rönsch: „Umdenken!“ Die faulen Säcke, die hier gemeint sind, gehen hoffentlich demnächst in sich.

Es gibt jedoch noch eine weitere Rationalisierungslücke im System der „unbezahlten Arbeit“: Vom Gesamtvolumen „unbezahlte Arbeit“ entfallen neun Prozent auf handwerkliche Arbeiten, elf Prozent auf Kinderbetreuung und Altenpflege und 76 (!) Prozent auf „Kochen, Spülen, Putzen“. Ist das wirklich nötig? Heute, wo fast jeder einen Tisch hat, muß doch der Fußboden nicht mehr so sauber sein, daß man von ihm essen kann! Ganz abgesehen davon bringen die Rückstände von Putz-, Wasch- und „Pflege“- Mitteln unser Biotop durcheinander. Was ist gegen ein bißchen Staub, ein paar Flecken und ein, zwei Spinnen denn einzuwenden? Merkwürdig auch, daß das Kochen mit Spülen & Putzen in einen Topf geworfen wird. Nach meiner Beobachtung hassen Leute, die gern und ausgiebig kochen, das Putzen & Spülen – und umgekehrt. Wenn aber Leidenschaften im Spiel sind, kommt der Hobbyverdacht auf, der Denkansatz „unbezahlte Arbeit“ stimmt folglich nicht mehr. Von meiner Familienministerin hätte ich eigentlich erwartet, daß sie nicht bloß auf die Männer schimpft, sondern den Frauen Mut macht: mehr Kinderbetreuung und Altenpflege – und mindestens 30 Prozent weniger „Kochen, Putzen, Spülen“. Betsy Trotwood