Eine Geschäftshand wäscht die andere

■ In Magdeburg stehen ab heute Ex-Treuhand-Manager und Lieblingskunde wegen Bestechung und Untreue vor Gericht

Magdeburg (taz) – Eineinhalb Jahre lang war er untergetaucht. Dann war die Barschaft alle, und der international gesuchte Ex- Treuhand-Direktor Andreas Grünebaum stellte sich den Behörden. Als Privatisierungsdirektor der Treuhand-Niederlassung Magdeburg hat er nach Ansicht der Staatsanwaltschaft am liebsten Geschäfte mit dem Stuttgarter Unternehmer Lino Vulcano gemacht. Geschäfte, bei denen offenbar eine Hand die andere sehr gründlich wusch. Denn Grünebaum stand gleichzeitig als „Rechtsberater“ auf Vulcanos Gehaltsliste. Einige tausend Mark und ein schickes Sportauto war dem Stuttgarter die lukrative Geschäftsverbindung wert, glauben die Ermittler. Ab heute stehen Grünebaum und Vulcano in Magdeburg vor dem Kadi. Die Anklage lautet auf Bestechung sowie Bestechlichkeit und Untreue.

Noch als Grünebaum nach Bekanntwerden der Vorwürfe seinen Schreibtisch in der Treuhand-Niederlassung räumte, tönte die Breuel-Behörde in Berlin, daß der Manager durch seine Geschäfte auf Gegenseitigkeit keinen Schaden angerichtet habe. Die Verträge seien weitgehend korrekt gewesen. Erst nach eingehender Revision mußte die Treuhand-Anstalt in einem Gutachten an die Magdeburger Staatsanwaltschaft zähneknirschend einräumen, daß da wohl doch ein klitzekleiner Schaden in Höhe von rund sieben Millionen Mark entstanden sei. Grünebaum habe Vulcano Betriebe und Grundstücke weit unter dem tatsächlichen Wert zugeschanzt.

Der tatsächlich von Grünebaum angerichtete Schaden könnte womöglich noch viel höher liegen, denn die Treuhandanstalt untersuchte nur seine Geschäfte mit Vulcano. Trotz weitergehender Vorwürfe gegen den Privatisierungsdirektor ließ die Breuel-Behörde die anderen Transaktionen auf sich beruhen.

Alteigentümer-Ansprüche geflissentlich übersehen

Aber allein Grünebaums Verträge mit Vulcano haben es in sich. Das Unternehmen Unitras wurde einer unabhängigen Wirtschaftsberatung mit über 2,7 Millionen Mark bewertet. Vulcano bekam es für nur 1,5 Millionen, die er sogar aus dem Kontovermögen des Betriebes bezahlen konnte. Auf eine Nachbewertungsklausel im Privatisierungsvertrag verzichtete Grünebaum – zur „dringenden Sicherung der Arbeitsplätze“. Nur fehlt eine Arbeitsplatzgarantie in dem Vertrag ebenso. Daß überdies für das Unternehmen ein Rückübertragungsanspruch der Alteigentümer vorlag, übersah Grünebaum geflissentlich. Ähnlich soll der Vertrag für die ebenfalls in Magdeburg ansässige Schraubenfabrik Verbema aussehen. Die gibt es längst nicht mehr. Vulcano hat auf der Immobilie des Betriebes in attraktiver Lage inzwischen einen Gewerbepark errichtet.

Grünebaum ist es auch zu verdanken, daß Ufa-König Heinz Riech sämtliche Kinos in der Region Magdeburg einsacken konnte. Den damaligen Geschäftsführer der Bezirksfilmdirektion, Hans-Jörg Simon, zwang er per Dienstanweisung zum Paketverkauf an die Ufa, obwohl deren Konkurent Hans-Joachim Flebbe ein besseres Angebot vorgelegt und darüber hinaus den Erhalt von mehr Kinos und damit Arbeitsplätzen zugesichert hatte. Der Deal stand in krassem Widerspruch zu einer eindeutig formulierten Dienstanweisung aus der Treuhandzentrale zum Verkauf der ostdeutschen Kinos. Danach sollte auf jeden Fall an den besten Bieter verkauft werden. Außerdem sollten die Treuhand-Niederlassungen beim Verkauf der Kinos Monopolbildungen vermeiden. Ob Grünebaum womöglich auch bei Riech als Rechtsberater auf der Gehaltsliste stand, bleibt offen. Die Staatsanwaltschaft interessierte sich für diesen Deal ebensowenig wie die Treuhand-Spitze in Berlin. Eberhard Löblich