Beleidigung für afrikanische Delegierte

■ Forderungen nach Abberufung von Charlotte Höhn von der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo

Kairo/Berlin (taz) – Als „Erbin Hitlers“ hat der SPD-Bundestagsabgeordnete Freimut Duve die deutsche Delegierte bei der UN-Weltbevölkerungskonferenz in Kairo, Charlotte Höhn, bezeichnet. Sie sei eine „Beleidigung für die Konferenz“ und müsse sofort abberufen werden. Anlaß dafür ist ein Interview, das die taz am Samstag in Auszügen veröffentlichte. Darin hatte Höhn geäußert, Afrikaner seien weniger intelligent als andere. In bezug auf das nationalsozialistische „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ stellte sie die Frage, ob es vielleicht gut sei, wenn Menschen, die krank sind, sich auch noch vermehrten.

Die Bundestagsabgeordnete Edelgard Bulmahn (SPD), die seit Jahren die Publikationen des von Höhn geleiteten Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung kritisch verfolgt, sagte gegenüber der taz, Höhn sei als Direktorin des Instituts untragbar; vor allem aber könne sie nicht weiter in der deutschen Delegation in Kairo bleiben, „zumal in einer solch schwierigen Situation der Konsensfindung“. Alisa Fuss, Präsidentin der Internationalen Liga für Menschenrechte, bezeichnete die Äußerungen Höhns als „verbale Anschläge auf ein gleichberechtigtes Miteinander aller Völker der Welt“. Rassistische Äußerungen im akademischen Gewand seien genauso gefährlich wie die Taten rechter Schlägertrupps.

Für die Grünen schloß sich Christel Zgaga, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Bundesvorstand, den Forderungen an, Höhn sowohl aus der deutschen Delegation in Kairo als auch von ihrem Posten als Direktorin des Wiesbadener Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung abzuberufen. Das Institut hatte in den letzten Jahren bereits mehrfach für Skandale gesorgt.

Höhn ist zudem Mitglied der Kommission für Internationale Bevölkerungsfragen der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN), für die sie erst kürzlich in Bonn den diesjährigen Weltbevölkerungsbericht vorstellte. Der Vorstandsvorsitzende der DGVN, der Professor für Völkerrecht Rüdiger Wolfrum, wollte zunächst eine Erklärung Höhns abwarten, behielt sich jedoch weitere Stellungnahmen und Maßnahmen vor. Derartige Äußerungen würden, wer immer sie gemacht habe, „garantiert nicht die Politik der DGVN“ repräsentieren und deren Zielen widersprechen.

Afrikanische Delegierte in Kairo reagierten empört auf die Äußerungen Höhns. „Solche Statements sind sehr beleidigend für die afrikanischen Delegierten“, sagte ein Vertreter der ugandischen Delegation gegenüber der taz. Auch Eugene Kpizingui, Mitglied der Delegation der Zentralafrikanischen Republik, verurteilte Höhns Positionen.

Die deutschen Delegierten hielten sich bislang mit Stellungnahmen eher zurück. Manfred Kulessa, Vertreter der evangelischen Kirche, sagte der taz: „Wenn das stimmt, wie Frau Höhn zitiert wird, dann ist das ein Skandal. Dann muß man sich fragen, ob sich Frau Höhn nicht besser aus dem Geschäft zurückzieht.“

Anders das Bundesinnenministerium: Klaus Henning Rosen sieht keinen „Handlungs- und Entscheidungsbedarf“.

Susanne Heim, Karim El-Ghawhary Seiten 2 und 10