■ Die gesetzliche Regelung des Abtreibungsrechts ist geplatzt
: Für den Wahlkampf freigegeben

Es ist eine erfreuliche Nachricht im Auf und Ab des unendlichen Trauerspiels um den Paragraphen 218. Das Gesetz zur Regelung des Abtreibungsrechts ist im letzen Moment geplatzt. Jüngst hatte die SPD gepennt und nicht einmal dieses heiße „Frauenthema“ als Topsache zu behandeln vermocht. Der Abwesenheit ihrer Abgeordnetenherren war es zu verdanken, daß Ende Mai die Regierungskoalition ihren Gesetzentwurf mit vier Stimmen Mehrheit im Bundestag beschließen konnte. Doch dann zog die sozialdemokratische Gegenmehrheit im Bundesrat die Bremse, und die Sache landete im Vermittlungsausschuß. Von dort hörte man allenthalben munkeln, SPD und CDU näherten sich an. Mag sein, daß dem so war – oder auch nicht. Jedenfalls versuchen wohl beide Seiten Sieger zu werden, und so liegt der Konflikt unentschieden nun wieder auf dem Tisch.

Der Streit ist nicht belanglos. Die entscheidende Differenz liegt in der Beschreibung der Ziele der Zwangsberatung. Die Union, sekundiert von einer gegenüber dem „Verfassungsrahmen“ treuen FDP, will den Richterspruch des Bundesverfassungsgerichts repressiv und autoritär auslegen. Den Vorrang hat, klar, das „Ungeborene“, in jedem Stadium mit eigenem Recht gegenüber der Schwangeren ausgestattet. Ein Abbruch ist „nur in Ausnahmesituationen“ denkbar. Die „Letztverantwortung“ der Schwangeren wird so klein wie möglich geschrieben. Die SPD will „helfen“, die Frau als Individuum respektieren und unterstützen und „Leben“ unter gleichberechtigter Anerkennung des Ungeborenen und der Schwangeren „schützen“. Die „Eigenverantwortung“ der Frau gilt für sie. Demgegenüber ist die hochgehaltene soziale Frage – die Einkommensgrenzen für die Kostenübernahme eines Abbruchs durch die Kasse liegen bei der CDU um 400 Mark höher – wohl eher Argumentationsrelikt und sekundär.

Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD spricht vom Scheitern der „Reform“ als Erfolg der SPD. Es soll als wiedergutmachende Heldentat hingestellt werden. Doch nachdem sich kein Sieger und kein Verlierer fand, war es wohl allen Beteiligten recht so. Jeder kann sich nun im Wahlkampf brüsten und den Konkurrenten geißeln. Nach den Wahlen muß das Gesetzgebungsverfahren neu aufgerollt werden. Was herauskommen wird, hängt unter anderem davon ab, wie hoch die Wählerinnnen diese Frage bei ihrer Wahlentscheidung veranschlagen. Von allein wird es kaum besser werden. CDU-Lebensschützer freuen sich unverdrossen auf die nächste Kampfesrunde. Mechthild Jansen

Publizistin, lebt in Köln