Bevölkerungskonferenz wegen Abtreibung blockiert

■ Kompromißvorschlag zum Abschlußdokument am Widerstand des Vatikans gescheitert / Lateinamerikanische Länder schließen sich der Position des Papstes an

Kairo (AFP) – Die Delegierten der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo haben auch gestern kaum Fortschritte bei der Suche nach einem Kompromiß in der Abtreibungsfrage erzielt. Am Morgen schlossen sich vor allem lateinamerikanische Länder wie Guatemala, El Salvador, Honduras und Ecuador der Haltung des Vatikans an und hoben den „heiligen“ Charakter des ungeborenen Lebens hervor. Nach Angaben des Vatikan- Sprechers Joaquin Navarro teilen 17 der in Kairo vertretenen 182 Staaten die Position der katholischen Kirche, die den Schwangerschaftsabbruch strikt ablehnt. Am Dienstag abend schien es zunächst noch, als sei ein Kompromiß erzielt worden, der auf einen Vorschlag der Europäischen Union zurückging und auch von der Mehrzahl der islamischen Staaten gebilligt wurde. Darin wird Abtreibung als Methode zur Familienplanung ausgeschlossen, aber nicht generell abgelehnt.

Der Vatikan sei weit davon entfernt, in der Abtreibungsfrage isoliert dazustehen, sagte Navarro. Er hoffe dennoch, daß zum Abschluß der neuntägigen Konferenz ein „verbesserter“ Text unterzeichnet werden könne. Die 17 Länder hätten „jedes auf seine Weise“ ihren Widerstand gegen das Kapitel 8 des Abschlußdokuments, in dem die Abtreibung behandelt wird, erklärt und Änderungsvorschläge gemacht. Der Teilkompromiß, der am Dienstag erzielt wurde, sei eine Basis für weitere Verhandlungen, so Navarro. Er enthalte „viele gute Elemente“, da er zum Beispiel gegen die Abtreibung als Mittel der Familienplanung sei.

Nach Angaben des namibischen Delegierten Henning Melber äußerte vor allem Guatemala Kritik an jeglicher Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Es könne keine „legale Abtreibung“ geben, da auch niemand den „legalen Raub“ rechtfertige. Die liberaler eingestellten Staaten blieben bei ihrer Haltung, daß die Abtreibung eine „Realität“ sei, wenn es auch zum Ziel gemacht werden müsse, sie zu verhindern. Mehrere Länder weigerten sich, dem Vatikan weiter entgegenzukommen.

Am Dienstag abend war bekanntgeworden, bei einer Sitzung hinter verschlossenen Türen sei das umstrittene Kapitel 8 geändert worden. Die anwesenden Delegationen hätten der neuen Fassung zugestimmt. Lediglich der Vatikan habe Vorbehalte geäußert. „Alle großen islamischen Staaten sind dafür“, sagte der spanische Delegierte Joaquin Arango. Als Beispiele nannte er Pakistan, Iran und Indonesien. In der jüngsten Fassung sieht das Kapitel 8 des Schlußdokumentes vor, die Abtreibung durch „erweiterte und verbesserte Service-Angebote zur Familienplanung“ zu vermindern.