Kanzler Kohl: alles spitze Scharping: Lug und Trug

■ Kampf der Spitzenkandidaten im Bundestag

Bonn (taz) – Kanzler Kohl und sein Herausforderer Scharping haben sich gestern bei der Haushaltsdebatte im Bundestag eine harte Auseinandersetzung über die Bilanz der Regierungsarbeit und das bessere Wahlprogramm geliefert. Der SPD-Chef warf dem Amtsinhaber vor, er betreibe einen rigorosen Sozialabbau und nehme die Menschen und deren Probleme inzwischen nur noch „ameisenhaft“ war. Kohl widersprach seinem Herausforderer und zog eine überaus positive Bilanz seiner Regierungsarbeit. Entschieden widersprach der Kanzler auch der Kritik, das unter anderem von dem Unions-Fraktionsvorsitzenden Schäuble vorgelegte Papier über ein „Kerneuropa“ aus Deutschland, Frankreich und den Beneluxstaaten richte sich gegen eine Weiterentwicklung der Europäischen Union. Bei dem Papier, so Kohl, handle es sich um eine Reihe von Denkanstößen, aus denen kein Popanz gemacht werden dürfe. „Wir bleiben die Europapartei ohne Wenn und Aber“, versicherte der Regierungschef. SPD-Fraktionschef Klose hatte zu Beginn der Debatte vor einem Spiel mit dem Nationalismus gewarnt und den Bundeskanzler aufgefordert, das Papier umgehend aus dem Verkehr zu ziehen. Kohl erneuerte im Gegenzug seine Vorwürfe, das Verhältnis der Sozialdemokraten zur PDS betreffend, und forderte Scharping auf, das Magdeburger Modell zu beenden. Der SPD-Chef verwahrte sich gegen die „Diffamierung und Denunziation sozialdemokratischer Politik“ und beschuldigte Kohl, den Boden geschaffen zu haben, auf dem die PDS existiere. „Wir werden mit der PDS nicht zusammenarbeiten – wir brauchen von Ihnen keine Belehrungen über Freiheit und Demokratie“, so Scharping wörtlich. Außerdem hielt er der Union vor, sich in den neuen Ländern Mehrheiten durch Mitglieder der alten Blockparteien verschafft zu haben. Erwin Single Seite 4