Prima Klima für die Bonner Koalitionäre

■ Deutsche Wirtschaft wächst um 2,8 Prozent

Bonn (taz) – Die Bonner Regierung darf jubeln: Wie für den Bundestagswahlkampf bestellt, nahm die deutsche Wirtschaftsleistung im ersten Halbjahr 1994 nach zwei mageren Jahren erstmals wieder um 2,8 Prozent zu. Zur verbesserten wirtschaftlichen Lage, teilte das Statistische Bundesamt gestern mit, hätten vor allem die gestiegene Auslandsnachfrage und eine verstärkte Bautätigkeit beigetragen. Und der Leiter der Wiesbadener Rechenkünstler ergänzte: „Alles spricht dafür, daß es weiter aufwärtsgeht.“

Es kommt also, wie es kommen mußte: Ein zuversichtlicher Kanzler und seine Getreuen können nun landauf, landab von ihren wirtschaftlichen Erfolgen und der Stabilität Deutschlands künden. Eine Kostprobe lieferten prompt Günter Rexrodt (FDP) und Peter Hintze (CDU). Er habe es ja schon immer gewußt, ließ der Bundeswirtschaftsminister verlauten. Noch im Frühjahr 94 habe man die optimistischen Erwartungen als Schönfärberei abgetan. „Der Aufschwung hat eingesetzt“, jubelte gar Peter Hintze, der Generalsekretär der Christdemokraten, „das Konzept der Bundesregierung ist aufgegangen.“ Und fügte gleich hinzu: „Dieser Aufschwung darf nicht durch ein rotes Signal nach dem 16. Oktober gestoppt werden.“

Daß die Binnenkonjunktur weiter lahmt, der private Verbrauch nach wie vor stagniert und die Ausrüstungsinvestitionen im ersten Halbjahr mit 2,6 Prozent sogar rückläufig waren, schert die eifrigen Wahlkämpfer freilich wenig.

Deutlich realistischer mutet dagegen die Einschätzung des IG-Metall-Vorsitzenden an: „Von einer Wende am Arbeitsmarkt“, so Klaus Zwickel, „kann schon gar nicht die Rede sein.“ Die Arbeitsproduktivität steige zwar erheblich, der Arbeitsplatzabbau gehe aber unvermindert weiter. Erwin Single Seite 6