Fledermäuse im alten Kellergewölbe

■ Reliefs im Viktoria-Denkmal, das älteste Haus Kreuzbergs und das alte Bankenviertel lockten zum „Tag des Denkmals“

Der Denkmalschutz ist Thema in Berlin. Am gestrigen „Tag des Denkmals“ waren Tausende unterwegs. Grauhaarige Historiker und junge Berlin-Freaks ebenso wie Bezirkspolitiker und Kiezkenner. „Die Berliner können stolz sein auf den Reichtum ihrer Stadt“, gab Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer die Parole aus. Doch auf über dreißig Veranstaltungen wurde nicht nur gelauscht und gestaunt, sondern auch gestritten.

Geduckt und beinahe versteckt steht in der Schwiebusser Straße 5 ein einstöckiges Gebäude. In den Jahren 1843/44 vom Müller Julius Ferdinand Puls neben einer Windmühle erbaut, ist das Gebäude auf der früheren Feldmark des Dorfes Tempelhof heute das älteste Haus Kreuzbergs. Eigentlich. Tatsächlich ist davon wenig zu sehen. Das Bezirksamt ließ das 1989 unter Schutz gestellte Gebäude zur Kita umbauen. Von altem Mauerwerk strahlt nun frischer Putz, die Dielen sind mit Estrich versiegelt, der alte Grundriß ist nicht mehr zu erkennen. Die Besucher sind verärgert, der Bezirksamtsvertreter weist die Vorwürfe zurück. Gerade um den Chamissoplatz herum habe es an Kitas gefehlt.

Harmonischer ging es am Kreuzberg zu. Bereits am frühen Morgen hatten sich Hunderte am Schinkels Nationaldenkmal für die Befreiungskriege eingefunden, um die Katakomben zu besichtigen. Dort befinden sich nicht nur die Gipsabdrücke der Quadriga, sondern auch Originalreliefs, zum Beispiel der von Schadow entworfene „Münzreiter“. Er zeigt die Entwicklung von der Entdeckung des Feuers bis hin zur Prägung von Metall und befand sich vormals an der Fassade der Reichsbank am Werderschen Markt.

Dortselbst leitete Landeskonservator Helmut Engel mehrere Führungen durch das historische Bankenviertel. Zwei Banken waren zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts prägend für Berlin. Die preußische Staatsbank, als deren Erweiterung die Reichsbank 1933 gebaut wurde, sowie die für den Außenhandel zuständige Preußische Seehandlung am Gendarmenmarkt. Dazwischen gruppierten sich mit der Zeit vorwiegend Privatbanken. Eine davon, das ehemalige Mendelssohnsche Bankhaus in der Jägerstraße 49/50, ist erst vor kurzem vom neuen Eigentümer restauriert worden. An anderer Stelle freilich droht der Abriß. In der Jägerstraße 54/55 will die Landesbank Berlin das denkmalgeschützte Gebäude des Bankhauses Ebeling abreißen. Ob die Berliner auf ihren Denkmalschutzsenator ebenso stolz wie auf den städtischen Reichtum sein können, wird sich nicht zuletzt am Umgang mit solchen Konflikten zeigen. Uwe Rada