Kopflose Deutsche

■ Korpsgeist in Kairoer Delegation

Berlin (taz) – „Sofort“, wie es noch am Freitagabend das Bundesinnenministerium vermeldet hatte, wollte Charlotte Höhn denn doch nicht aus Kairo abreisen. Die von ihren Dienstherren zurückgepfiffene Leiterin des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung spielte am Abend ihre Gastgeberrolle bei einem Empfang der deutschen Delegation in Kairo. Noch spät in der Nacht wurde sie am Swimmingpool ihres Hotels in Kairo gesehen.

Sie mußte sich wohl ausruhen. Den ganzen Tag war sie im Laufschritt von Konferenzraum zu Konferenzraum gerast, immer bemüht, den aufgescheuchten Journalisten zu entkommen. Abends dann, im Kreise der deutschen Delegation und ohne kritische Presse, fühlte sie sich wohler – und dazu hatte Höhn auch allen Grund. Wollte sich doch außer Hans Fleisch, dem Vertreter der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung, niemand von ihr distanzieren. „Aus Kollegialität“ hielten alle zu ihr: von der Welthungerhilfe bis zur Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen, von der evangelischen Kirche bis zur katholischen.

Schon am Dienstag, als die in der taz veröffentlichten Äußerungen Höhns über die niedrigere Intelligenz der Afrikaner in Kairo langsam bekannt wurden, hatte Fleisch versucht, die anderen Delegationsmitglieder zu einer Stellungnahme unter dem Motto „Wir können nicht schweigen“ zu bewegen – ohne Erfolg. Im Gegenteil: Mit einer Abmahnung wurde gedroht, falls er sein Vorhaben nicht einstellen würde. Ein „Korpsgeist“ habe sich in der deutschen Delegation ausgebreitet, erzählen Beobachter.

So konnte sich Charlotte Höhn einen ruhigen Abschiedsabend gönnen. Daß holländische Gäste ob ihrer Anwesenheit deutlich verstimmt waren, tat da nichts zur Sache. Der offizielle Delegationsleiter der Deutschen, Staatssekretär Franz Kroppenstedt, sah offensichtlich keinen Grund, Höhn die Teilnahme zu untersagen.

Ohnehin, berichtet der Spiegel in seiner neuesten Ausgabe, haben sich die Deutschen in Kairo nicht mit Ruhm bekleckert. Da konnte Innenminister Kanther bei seinem Kurzauftritt kein Englisch, das Feingefühl der Deutschen habe bei den Verhandlungen zu wünschen übrig gelassen. Und nun sind die Deutschen nach dem Weggang Charlotte Höhns auch noch kopflos geworden: „Handlungsunfähig“, meinen Delegierte anderer Länder, seien die Deutschen ohne ihre Spitzenwissenschaftlerin. Susanne Heim/Bernd Pickert