Rafsandschani: Rushdie weiter bedroht

■ Irans Regierungschef empfiehlt zur Fatwa „Schweigen“

Paris (dpa/AFP/taz) – Auf Salman Rushdie angesprochen, kommt Irans Staatspräsident Ali Akbar Haschemi Rafsandschani leicht in Erklärungsnot. In einem Interview der französischen Tageszeitung Le Figaro versuchte er den gegen den Autor der „Satanischen Verse“ verhängten Mordaufruf als unumstößliche Konstante darzustellen, über die Stillschweigen gewahrt werden sollte. In dem gestern auf zwei Seiten veröffentlichten Gespräch empfielt der als Pragmatiker gepriesene Mullah westlichen Staaten, den Fall Rushdie „durch Schweigen“ zu beenden. Die Entscheidung des iranischen Revolutionsführers Chomeini, Rushdie zum Tode zu verurteilen, könne aber nicht aufgehoben werden. Rushdie drohe deshalb nach islamischem Recht weiterhin der Tod. Der Westen habe jedoch daraus ein „Propaganda-Thema“ gemacht.

Auch auf andere Themen angesprochen, demonstrierte Rafsandschani gegenüber den Interviewern eine eigene Sicht der Realität. Nachdrücklich wies er Vorwürfe zurück, sein Land unterstütze Terroristen: „Bewiesen ist, daß sie nicht einen einzigen Fall finden können, wo wir darin verwickelt sind.“ Im Gegensatz dazu würden die oppositionellen iranischen Volksmudschaheddin, die Anschläge in Iran verübt hätten, von den westlichen Ländern aufgenommen. Auch eine Verwicklung Irans in Morde an im Exil lebenden Oppositionellen bestritt Rafsandschani: „Die Fälle, die genannt werden, sind Erfindungen.“ Die meisten seien wahrscheinlich Abrechnungen rivalisierender Oppositionsgruppen.

Rafsandschani bekräftigte die iranische Ablehnung des Friedensprozesses im Nahen Osten: „Der Staat Israel ist illegitim.“ Die Juden müßten dorthin zurückkehren, wo sie hergekommen seien. Zu Algerien, wo sich das von Militärs gestützte Regime und Islamisten einen blutigen Bürgerkrieg liefern, mahnte er zu Gewaltlosigkeit, sagte aber der algerischen Führung voraus, sie werde genauso wie der Schah stürzen. Frankreich solle deshalb nicht länger mit ihr zusammenarbeiten.