Ökologische Steuer-Erklärung

Eine ungewöhnliche Koalition aus 16 Unternehmen und dem BUND fordert eine ökologische Steuerreform / Industrieverband bleibt skeptisch  ■ Von Nicola Liebert

Berlin (taz) – Mit der Forderung nach einer ökologischen Steuerreform hat sich gestern der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) gemeinsam mit 16 Unternehmen in den Wahlkampf eingemischt. Die ungewöhnliche Koalition – neben dem BUND beteiligen sich Firmen wie die AEG Haushaltsgeräte AG, der Otto- Versand, Tupperware, die Klingele Papierwerke und der Textilhersteller Steilmann – will schon jetzt der kommenden Regierung, egal welcher Couleur, Dampf machen. „Kein Politiker soll noch behaupten können, daß die Wirtschaft geschlossen gegen Ökosteuern ist“, sagte die stellvertretende BUND-Vorsitzende Angelika Zahrnt. Auch wenn die großen Wirtschaftsverbände diesen Eindruck erweckten.

Unter dem Titel „Umsteuern in der Krise“ fordern die Partner die Politiker auf, sich in der nächsten Legislaturperiode an die Umsetzung einer aufkommensneutralen Steuerreform zu machen. Die Betonung liegt dabei auf dem Wort „aufkommensneutral“. Denn die Unternehmer wollen vermeiden, daß ihnen die Mehrkosten etwa durch höhere Energiesteuern alleine aufgebürdet werden, ohne daß sie dafür an andere Stelle entlastet werden.

Der Grundgedanke dabei ist, daß die Steuermehreinnahmen an die Unternehmen zurückfließen, indem die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung gesenkt werden. Genau dies mache das BUND-Konzept attraktiv, begründete der Leiter der Umweltabteilung beim Otto- Versand, Johannes Merck, das Engagement des Unternehmens. Angenehmer Nebeneffekt: Es entsteht so nicht nur ein Anreiz fürs Energiesparen, überdies können mehr Jobs geschaffen werden, wenn die Kosten dafür sinken.

Mit dem Argument, durch Ökosteuern geriete der Wirtschaftsstandort Deutschland dramatisch ins Hintertreffen, lehnen die meisten Wirtschaftsvertreter eine solche Steuerreform bisher rundheraus ab. Doch beim BDI, dem Bundesverband der deutschen Industrie, kommt man nicht mehr umhin, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, denn die meisten Parteien fordern in der ein oder anderen Form inzwischen Ökosteuern.

Doch sehe man noch allerhand Probleme bei einer ökologischen Steuerreform, betonte ein BDI- Sprecher. Ein Umdenken in Richtung Ökosteuern gebe es im Verband jedenfalls nicht. Denn aufkommensneutral könnten Ökosteuern zum Beispiel allenfalls gesamtwirtschaftlich gesehen sein. Für einzelne sehr energieintensive Branchen, wie die Stahlindustrie, ergäben sich durch höhere Energiesteuern deutlich höhere Kosten als für andere Branchen. Dem stünde keine stärkere Entlastung durch eine etwaige Verminderung der Lohnnebenkosten entgegen.

Daß die Bonner Regierung im Falle einer Energiesteuererhöhung an anderer Stelle Geld zurückgebe, glaube er aber ohnehin nicht, sagte der BDI-Präsident Tyll Necker in einem Interview mit dem Spiegel. Necker sprach sich dafür aus, daß Ökosteuern, wenn überhaupt, den Verbrauchern, nicht den Herstellern aufgebürdet werden sollten, damit letztere im internationalen Wettbewerb nicht benachteiligt werden.

Der BUND und die 16 Unternehmen meinen jedoch, daß gerade Ökosteuern der deutschen Industrie einen Technologievorsprung geben könnten. Denn mehr als anderswo rechnen sich dann Innovationen und Investitionen für Energieeinsparungen. Der AEG- Sprecher Reiner König findet, daß vielmehr das jetzige Steuersystem Unternehmen benachteilige, die umweltfreundlicher werden wollen. AEG habe schon viel dafür getan, seine Hausgeräte wasser- und energiesparender zu machen. Jetzt müßten Rahmenbedingungen her, die diejenigen Unternehmen belohnen, die einen solchen Kostenaufwand betreiben. „Die Wirtschaft selbst ist bereits dabei, sich zu reformieren“, so König. „Nun muß der Staat, zum Beispiel durch die Öko-Reform, die Rahmenbedingungen verbessern.“