Der Osten konkurrenzfähig auf der grünen Wiese

■ Zwischenbilanz der „Einkaufsoffensive Neue Bundesländer“ in Dresden

Dresden (taz) – Eine „klare Trendwende“ erkennt der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Tyll Necker, in der Wirtschaftsentwicklung der neuen Bundesländer. Im 1. Halbjahr sei die Industrieproduktion „in geradezu chinesischer Dimension“ um 23 Prozent gestiegen. An der Spitze liegen Sachsen und Thüringen. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Industrie sei „noch nicht hergestellt“ und der Strukturwandel „noch nicht zum Abschluß gekommen“. Als „in jeder Beziehung konkurrenzfähig“ aber hätten sich „die neuen Unternehmen auf der grünen Wiese“ erwiesen. Nach Ansicht des Industriekapitäns ist „der Beschäftigungsabbau weitgehend zum Stillstand gekommen“.

Als „völlig identisch“ bewertet Meinhard Miegel vom Institut für Wirtschaft und Gesellschaft, Bonn, die Beschäftigungssituation in Ost und West. In beiden Teilen Deutschlands werde proportional das gleiche Arbeitsvolumen geleistet. Zwar sei die Arbeitslosigkeit im Osten deutlich höher. Dies begründete der Wirtschaftsprofessor mit der höheren „Erwerbswilligkeit“ und dem dort geringeren Angebot an Teilzeitarbeitsplätzen.

Ostdeutschland sei der einzige Wirtschaftsraum „zwischen Elbe und Pazifik, wo 1994 die Wirtschaftskraft nicht drastisch geringer ist als 1990, sondern gegenüber damals um real 7,4 Prozent zugenommen hat“. Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt in Neufünfland habe dort die Investitionsquote pro Kopf der Bevölkerung „die gigantische Größe von 55 Prozent“ erreicht. In Westdeutschland sei die höchste jemals erreichte Investitionsquote 1964 mit 27 Prozent gerade halb so hoch gewesen. „Noch in diesem Jahrzehnt“ werde es östlich und westlich der Elbe „keine infrastrukturellen Unterschiede“ mehr geben.

In Dresden zogen die an der „Einkaufsoffensive Neue Bundesländer“ beteiligten Unternehmen gestern eine positive Zwischenbilanz. Die 33 Gründungsmitglieder konnten nach Darstellung des VW-Aufsichtsratsmitgliedes Carl Hahn ihre Einkäufe im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent auf 9 Milliarden Mark steigern. Dies spreche für die „verbesserte Qualität und zunehmende Wettbewerbsfähigkeit“ der ostdeutschen Produkte. Alle inzwischen 88 beteiligten Unternehmen haben im 1. Halbjahr ein Einkaufsvolumen von 15 Milliarden Mark erreicht. Treuhand-Vorstand Klaus von Dohnanyi nannte als „zentrale Probleme der Industrie in den neuen Ländern“ die Kapitalausstattung sowie die Erschließung neuer Märkte. Er kündigte an, daß anläßlich der heutigen Kanzlerrunde in Bonn auch über die Eigenkapitalsituation ostdeutscher Unternehmen verhandelt werden soll. Detlef Krell