Im Finanzhaushalt herrscht nur noch Krieg

■ Die Bundesregierung zahlt nichts mehr für den Frieden / Im Etatentwurf für 1995 ist auch die letzte Zuschuß-Million für Friedensforschungseinrichtungen gestrichen

Bonn (taz) – Keine müde Mark mehr will der Bund im kommenden Jahr für die Friedensforschung ausgeben. Das sieht der Etatentwurf 1995 des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) vor, der mit dem Bundeshaushalt von knapp 500 Milliarden Mark Anfang September im Bundestag beraten wurde. Im laufenden Jahr schon waren die Projektmittel des Bundes für die Friedensforschung von 2,5 Millionen Mark auf eine Million Mark gekürzt worden. Diese Summe entspricht weniger als zwei Zehntausendstel Prozent der Ausgaben für Verteidigung, wie der Vorsitzende des Bundestags-Forschungsausschusses, Wolf-Michael Catenhusen (SPD), errechnete.

Profitiert von den Fördermitteln hatten bislang Universitäten und Einrichtungen wie das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg oder die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Zwar unterstützen auch Landesregierungen die Arbeit am Frieden finanziell. Nach Auslaufen der Bundesförderung, so errechnete die Arbeitsstelle Friedensforschung Bonn (AFB), wird den Konfliktforschern aus öffentlichen Etats aber weniger Geld überwiesen als noch im Jahr 1983: rund 7,7 Millionen Mark. An den Universitäten, so erwartet AFB-Leiter Karlheinz Koppe, werden dann etwa 30 bis 40 Jahres-Projektstellen wegfallen.

Vor 25 Jahren war auf Anregung von Bundespräsident Heinemann die Deutsche Gesellschaft für Friedens- und Konfliktforschung gegründet worden, die von Bund und Ländern gemeinsam getragen wurde. Nach ihrem von Franz-Josef Strauß betriebenen Ende war 1983 die Friedens- und Konfliktforschung immerhin als Sonderschwerpunkt im Rahmen der Deutschen Forschungsgemenschaft mit besonderen Zuschüssen des BMFT mit bescheidenen Mitteln gefördert worden.

Für die Sozialdemokraten protestierte der Abgeordnete Catenhusen öffentlich gegen die geplante Streichung und nannte die Entscheidung „politisch kurzsichtig, ideologisch, engstirnig und unverantwortlich“. Die SPD hat sich im Wahlprogramm für den Weiterbestand der Bundesförderung für die Friedens- und Konfliktforschung ausgesprochen. Auch bei Bündnis 90/Grüne steht die Forderung nach einer stärkeren Förderung der Friedensforschung im Programm.

Noch nicht auf die angekündigte Einstellung reagiert haben die Liberalen, die sich bislang stets für die Friedens- und Konfliktforschung eingesetzt hatten. Es sei unwahrscheinlich, daß die Abgeordneten die Streichung hinnehmen würden, hieß es aus der FDP-Fraktion. Im Vergleich zu den übrigen Haushaltsposten gehe es bei den Mitteln für die Friedensforscher schließlich nur um „Peanuts“.

Das sieht AFB-Leiter Koppe ähnlich. Er schlägt vor, von jeder Ausgabe im militärischen Forschungsbereich 0,3 bis 0,5 Prozent in einen friedenswissenschaftlichen Fond zu leiten. Bei Ausgaben von drei Milliarden Mark, so schätzt er, kämen jährlich 10 bis 15 Millionen Mark zusammen — für die Friedensforschung ein riesiger Batzen. In offizieller Mission kann Koppes solche Forderungen nicht mehr lange vertreten: Seine AFB- Stelle wird wegen der Kürzungen zum Jahresende gestrichen. Hans Monath