Biedenkopf umarmt die Grünen

■ Der CDU-Querdenker will Bündnis-Kompetenz nutzen / Die Angeworbenen halten nichts von Farbklecksern

Dresden (taz) – Der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) wird Bündnis 90/ Die Grünen nicht an seiner Regierungsarbeit beteiligen. Meldungen über „Schwarz-Grün in Sachsen“, wie sie die Hannoversche Allgemeine Zeitung und andere verbreiteten, dementierte Regierungssprecher Michael Sagurna als eine „völlig unzulässige Deutung“ der Äußerungen des Ministerpräsidenten.

Biedenkopf habe am Wahlabend angesichts der überwältigenden CDU-Mehrheit im neuen Landesparlament seine Partei lediglich aufgefordert, „weiter offen zu bleiben für Neues und sich nicht abzuschotten“. Die Ideen von Bündnis 90/ Die Grünen dürften dem Lande nicht verlorengehen, so der wiedergewählte Ministerpräsident, und vielleicht könnte man sogar einige Bündnis-PolitikerInnen zu Sitzungen der CDU- Fraktionsarbeitskreise einladen.

Die Angeworbenen staunen nicht schlecht über diesen Wink aus dem schwarzen Lager. „Wir kennen das Angebot nur aus der Zeitung“, erklärt Landesgeschäftsführer der Bündnis 90/ Die Grünen, Hubertus Grass. Über Biedenkopfs Offerte würde er sich sehr wundern. „Denn es war Biedenkopf, der den Wahlkampf mit entweder CDU oder rot-grünes Chaos polarisiert hat.“ Das Wahlziel der sächsischen Bündnisgrünen war nicht, „irgendein grünes Sprenkel in die schwarze Politik zu setzen, sondern diese Politik zu ändern“, sagte Gasse. Und das wäre für Schwarz-Grün nur über „harte Koalitionsverhandlungen“ erreichbar gewesen.

Die schwarze Umarmung gibt den Grünen den Rest

Dem Freistaat wird die Kompetenz der Bündnis-PolitikerInnen nicht ganz verlorengehen, da kann die alleinregierende Union beruhigt sein. „Uns wird es hier weiter geben“, kündigte Landessprecherin Gunda Röstel bei ihrem Rücktritt an.

Am Samstag werden die sächsischen Bündnisgrünen auf einer Kreiskonferenz in Dresden über die Zukunft des Landesverbandes beraten. Als neuer Sprecher ist der bisherige Fraktionsvorsitzende und bei allen Parteien hochgeachtete Umweltexperte Klaus Gaber (51) im Gespräch.

Sorgen über die profillose Mittelklasse der überraschend auf 77 Sitze angewachsenen Unionsfraktion dürften die wichtigste Ursache für Biedenkopfs angedeutete Umarmung der Bündnisgrünen sein. Ihm zu unterstellen, er wolle dem angeschlagenen Landesverband nun aber mit der Umarmung den Rest geben, wäre unlauter. Doch genau dieses Finale wäre absehbar, würden sich fachkompetente BündnispolitikerInnen auf eine wie auch immer geartete „Beratertätigkeit“ für die Regierung der Christdemokraten einlassen. Während die Sozialdemokraten jetzt fünf Jahre Gelegenheit haben, Opposition im Parlament zu erlernen, müssen Sachsens Bündnis 90/ Die Grünen dies nun „draußen“ praktizieren. Detlef Krell