Allan Boesak

Der „African National Congress“ (ANC) traf sich zum ersten Mal zu einer legalen Delegiertenkonferenz in der Küstenstadt Durban. Die Tagung im Herbst 1991 legte nicht nur die Grundlagen der ANC-Politik, sie stellte auch die wichtigsten Weichen in Personalfragen. Aber Allan Boesak, einer der feurigsten Redner im Anti-Apartheid- Kampf, gehörte nicht zu den Delegierten. Der Pfarrer war nicht einmal Mitglied des ANC. Er wartete auf den Ruf von Nelson Mandela – der nach heftigen internen Debatten schließlich auch kam.

ANCler im Karriereknick Foto: Reuter

Nun verzichtete Boesak auf eine erneute Kandidatur zum ANC-Vorsitzenden in der Kapprovinz – er hätte ohnehin keine Chance gehabt. Er wird lediglich als Wirtschaftsminister der Regionalregierung arbeiten.

Boesak, der sich in den 80er Jahren einen Namen als einer der Führer der Oppositonsbewegung „United Democratic Front“ (UDF) gemacht hatte, wurde 1991 auf Intervention Mandelas zum ANC-Vorsitzenden in Südafrikas Kapprovinz gekürt – die Anti-Apartheid-Bewegung, so das durchaus richtige Kalkül, brauchte dort einen Ansprechpartner für die „Coloureds“. Trotzdem machte ausgerechnet Hernus Kriel, der ehemalige Polizeiminister des weißen Apartheid-Regimes, bei den ersten demokratischen Wahlen in der Geschichte Südafrikas Ende April das Rennen. Selbst Freunde lasteten Boesak darauf eine falsche Wahlkampfstrategie an.

„Die rassistischen Probleme müssen nun endlich überwunden werden“, mahnte Vize-Präsident Thabo Mbeki die Delegierten des Provinzparteitages, die Boesaks Nachfolger bestimmten – und deutete damit an, wie sehr es nach dreijähriger Führung unter Boesak hinter den Kulissen rumort.

Boesak erwies sich bei den Spannungen nicht als Integrationsfigur. „Diese ANC- Funktionäre von Johannesburg sind ja alles Biertrinker“, höhnte er einmal, „die können nicht einmal gute Weine genießen.“ Seine Scheidung und die spätere Heirat mit einer weißen Journalistin brachten Boesaks zahlreiche Frauenaffären ans Licht der südafrikanischen Öffentlichkeit. Eine von ihm geführte Stiftung, die sich der Arbeit in sozialen Brennpunkten der Coloureds widmen wollte, litt dermaßen unter buchhalterischen Schwächen, daß sich ausländische Geber schließlich zurückzogen. „Boesaks Karriere“, so glaubt eine enge Bekannte des lebenslustigen Calvinisten, „ist vorüber.“ Willi Germund