Kein Planerfüller

■ Heute wird Heiner Carow 65

Sein Karrierestart war nicht eben spektakulär: 1952 debütierte der DDR-Regisseur Heiner Carow im „Populärwissenschaftlichen Studio“ mit „Bauern erfüllen den Plan“, einem Lehrfilm über Schweinemast. Es folgten weitere Kurzfilme: „Wie baue ich einen Drachen“, und Kinderfilme, an denen er sein genaues filmisches Arbeiten erlernte. „Bei all dem habe ich mit einer gewissen Systematik versucht, mich für das zu qualifizieren, was ich eigentlich machen wollte, nämlich Spielfilme“, faßt der 1929 in Rostock geborene Cineast die frühen Jahre zusammen.

Mit „Martins Tagebuch“ fiel er 1956 bei der Leipziger Dokumentarfilmwoche auf und wechselte endlich zum DEFA-Studio für Spielfilm. Dort dreht er 1958 „Sie nannten ihn Amigo“, einen spannenden Jugendfilm mit antifaschistischer Thematik. Als der Apparat ihn nötigte, an das eigentliche Filmende einen Schluß in üblicher kommunistischer Propagandamanier mit falschem Pathos, Panzern und Parteiliedern anzuhängen, wehrte sich der Regisseur mit subversiven Mitteln: Wo immer ihm eine Kopie von „Amigo“ in die Hände fiel, schnitt er das Propagandaende wieder ab.

Auch sonst blieb der Regisseur politisch unbequem und war damit beim Publikum um so erfolgreicher: 1967 wurde sein Film „Die Russen kommen“ verboten, aber die Plenzdorf-Verfilmung „Die Legende von Paul und Paula“ (1972) füllte die Kinos über Monate und machte den im eigenen Land unterschätzten Regisseur international bekannt.

Es folgten realistische, nichts beschönigende Filme ohne wehende Fahnen und „Genossen, wir müssen mal diskutieren“-Diktion. Ein ums andere Mal sorgten seine Filme in der DDR für Diskussionen: Die Ehegeschichte „Bis daß der Tod euch scheidet“ (1979) erzählt eben nicht das staatlich propagierte Glück sozialistisch verheirateter Jungpaare, sondern das auch in der DDR durchaus übliche Scheitern einer Ehe. Mit dem ersten DDR-Schwulenfilm „Coming Out“ (1989) erteilte er der verlogenen sozialistischen Moral einer staatlich verordneten Heterosexualität eine Absage.

Daß der Künstler im eigenen Land nichts gilt, versucht der ORB leider gerade zu beweisen: Ohne Begründung wurde Carow vorgestern aus der ORB-Talkshow „Babelsberg live“ wieder ausgeladen. Diese Prozedur kenne er noch gut aus der Zeit der Ostfernsehens DFF, wo er als unbequem galt, meint Carow. „Fragen Sie doch die verantwortliche Redakteurin nach dem Grund.“ Aber Frau Wintgen, ehemals DFF, hält sich an alte DDR-Traditionen: Sie war für uns nicht zu sprechen. Roswitha Seidel