Wenig Gemeinsamkeit

■ Bei den Ruder-Weltmeisterschaften verpaßte der deutsche Männer-Achter eine Medaille / Frauen machten es besser

Indianapolis (dpa) – Einen lange nicht gekannten Absturz erlebte der Achter des Leistungszentrums Dortmund (Hecht, Sator, Lütkefels, Scholz, Richter, von Ettingshausen, Steffes-Mies, Baar, Stm: Thiede) bei den Ruder-Weltmeisterschaften in Indianapolis. Das Boot landete im Finale mit mehr als vier Sekunden Rückstand hinter Sieger USA nur auf Platz vier. Zweite wurden die Niederländer vor Rumänien. Damit ist das Experiment von Bundestrainer Ralf Holtmeyer gescheitert, drei Boote aus dem Riemen-Bereich mit Medaillen-Chancen an den Start zu bringen. „Solch ein Zwischenjahr kann man nicht in Kauf nehmen. Wir haben in diesem Jahr das Prinzip verletzt, daß im Achter die besten Leute sitzen sollen“, kritisierte Schlagmann Roland Baar, der einen Rücktritt nicht ausschloß: „Die Sache muß Spaß machen.“

„Wir haben im Frühjahr zu wenig gemeinsam gemacht. Das kann man sich in der Weltspitze nicht leisten“, stellte Holtmeyer fest. Als Konsequenz sollen zukünftig die Strukturen im Dortmunder Leistungszentrum verändert werden. Holtmeyer stellt sich einen Pool aus maximal 20 Athleten vor, die möglichst viel gemeinsam trainieren. „Und die höchste Priorität genießt wieder der Achter.“ Woran es allerdings lag, daß die Schlappe so deutlich ausfiel, wußte niemand zu sagen. Außer: „So wie wir gerudert haben, haben wir keinen besseren Rang verdient“, meinte Baar selbstkritisch. „Man kann nicht jedes Jahr auf ein Wunder hoffen“, ergänzte sein Achter-Kollege Stefan Scholz mit Anspielung auf den Titelgewinn im Vorjahr nach dem Autounfall des Teams.

Während beim Männer-Achter der Frust eingekehrt war, trat der Frauen-Achter (Haaker, Rehaag, Klapheck, Werremeier, Martin, Pyritz, Schmidt, Wagner, Stf: Schnell) einen großen Satz aus dessen Schatten. WM-Gold, so etwas hat es in der Geschichte des Deutschen Ruder-Verbandes (DRV) noch nicht gegeben.

„Wir haben uns endlich freigeschwommen und auf dem Weg nach Olympia ein großes Teilziel erreicht“, meinte Bundestrainer Wolfgang Schell.

Neben dem Frauen-Achter standen noch zwei deutsche Boote auf der Sonnenseite des Ruderer- Lebens. Während der Einer-Fahrer Andre Willms (Magdeburg) ein deutliches Signal in Richtung des Comeback-willigen Doppel- Olympiasiegers Thomas Lange sandte (Willms: „Mein Ziel ist Olympia und dort eine Medaille“), war der WM-Triumph des Frauen- Doppelvierers vor allem eine Genugtuung für deren Trainerin Jutta Lau, die manche Kritik aus der DRV-Führung einstecken mußte. DRV-Leistungsreferent Michael Müller hatte ihr vorgeworfen, sich nicht an alle Spielregeln zu halten. „Der Sieg geht runter wie Öl“, meinte Lau, die noch um ihre Weiterbeschäftigung kämpfen muß.

Ansonsten las sich die DRV-Bilanz in Indianapolis eher mäßig. Gegenüber Roudnice 1993 war bei neun Mal Edelmetall ein Minus von vier Medaillen zu verzeichnen. „Aber wir haben drei Weltmeister. Mit dem Ergebnis vor allem in den olympischen Klassen kann man in Richtung Atlanta aufbauen“, meinte Müller. Allerdings müßten sich die Rahmenbedingungen ändern, da auch andere Nationen wie Frankreich und Italien finanziell mächtig zulegten.