„Hauptsache, ich muß nicht pendeln“

■ Zimmerverlosung für Studentinnen / Der Rechtsweg ist ausgeschlossen

Der Student Berthold Höllmann hatte es gestern in der Hand. Er war die Glücksfee, die 48 Plätze in Hamburger Wohnheimen an über 100 hoffende Studienanfänger verloste. Die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Aktion waren genau festgelegt: Alle Papiere mußten richtig ausgefüllt vorgelegt werden. Es durften nur auswärtige Erstsemester teilnehmen, die persönlich anwesend waren. Und der Rechtsweg war ausgeschlossen.

Anne ist derart aufgeregt, daß sie nicht sehen will, wie die ersten Lose gezogen werden. Sie kommt aus Hannover und ist auf einen Platz im Wohnheim angewiesen: „Ich weiß nicht einmal, ob ich Bafög bekomme.“

Student Nummer 13 darf in das zentral gelegene Paul-Sudeck-Haus einziehen. Karsten springt auf und bekommt seinen Berechtigungsschein für einen Wohnheimplatz von der Mitarbeiterin des Studentenwerkes überreicht. Seine MitbewerberInnen applaudieren. Karsten fängt dieses Semester an der Fachhochschule an, Bibliothekswesen zu studieren. Ihm ist es ganz egal, wo er unterkommt, „Hauptsache, ich muß nicht pendeln“.

„12 Quadratmeter für 244 Mark, das ist unglaublich billig - für Hamburg“, setzt Karsten schulterzuckend hinzu. Hätte er das Zimmer abgelehnt, wäre er aus dem Verfahren herausgeflogen; einen Stock höher muß er sofort den Mietvertrag unterschreiben.

In Hamburg bewerben sich insgesamt 1300 Studenten um einen Platz im billigen Wohnheim. Auch Anne. Sie wartet immer noch, ihre Nummer 58 in der Hand. 25, die vorletzte Nummer, ist eine Unterkunft in Kiwittsmoor. „Das findest Du leicht“, meint die Glücksfee, „da gibt es außer Moor nichts“. Die Gewinnerin ist glücklich: „Also ganz häßlich? – Das nehme ich erstmal!“

Die 51 wird als letzte gezogen. Anne steht auf und geht wortlos. Ihr bleibt noch die Bewerbung für einen der 18 Notplätze oder eines der Gastbetten. Oder sie kommt nächste Woche wieder, dann werden die allerletzten Restplätze verlost.

Das Studentenwerk appelliert erneut an die Bürgerinnen und Bürger Hamburgs, preiswerte Zimmer zur Verfügung zu stellen. Angebote können an die Wohnraumzentrale gerichtet werden: Tel. 41902-263.

Philipp Müller