Querelen in Xochimilco

■ Energische Dopingbagatellisierung im internationalen Kanusport / Heftiger WM-Krach im deutschen Team

Mexiko-Stadt (dpa/taz) – Eine ziemlich klägliche Figur in der weltweiten Dopingbekämpfung gibt derzeit der Internationale Kanu-Verband (ICF) ab. Rund zehn nationale Verbände hatten es unterlassen, bis zum 1. April ihren Kader für die Weltmeisterschaft, die gestern abend im mexikanischen Xochimilco mit der Eröffnungsfeier begann, zu melden. Diese Maßnahme sollte die Grundlage für Dopingkontrollen in der Trainingsphase bilden. Da weder Präsident Sergio Orsi („Ich kann mich doch nicht um jeden Verstoß gegen irgendeine Bestimmung kümmern“) noch der Chef der Medizinischen Kommission, Jan Verstuyft (Belgien), der ein paar Mahnschreiben versandte, energisch gegen die entsprechenden Verbände vorgingen, hatte diese Unterlassung zur Folge, daß die Kanuten jener Länder – darunter auch die favorisierten Ungarn – unkontrolliert blieben, während Titelverteidigerin Birgit Schmidt zum Beispiel im Sommer dreimal unangemeldet getestet wurde.

Kurz vor WM-Beginn trat nun in Mexiko-Stadt die fünfköpfige Exekutive der ICF zusammen, scheute sich aber, die säumigen Nationen für die Titelkämpfe zu sperren, und verhängte statt dessen Geldstrafen von stolzen 500 Dollar pro Verband. Außerdem gab es Abmahnungen, in denen eine Sperre bei einem zweiten Verstoß angedroht wird. „Wir konnten nicht Athleten für die Schlampereien der Funktionäre verantwortlich machen“, begründete der deutsche Kanupräsident und ICF- Vizepräsident Ulrich Feldhoff die Entscheidung. Die Ungarn wurden von der Bestrafung ausgeklammert, da sie mit Fax-Belegen nachweisen konnten, daß ihre Listen an die ICF abgesandt wurden. Ärger gibt es auch im deutschen Team. Athletensprecher Thomas Reineck beklagte sich über die „klare Bevorzugung von zwei Athleten“. Gemeint waren Birgit Schmidt und der Mannheimer Detlef Hofmann, der von Bundestrainer Josef Capousek für den Berliner Oliver Kegel im Vierer nominiert worden war. Der bis zum Saisonstart wegen eines Dopingvergehens gesperrte Hofmann hat so doch noch den Sprung in das Eliteboot geschafft. Hofmann wird daher für den Einer über 1.000 Meter abgemeldet; diese Bootsklasse bleibt unbesetzt.

Sauer war auch Ramona Portwich. Die Hannoveranerin („Ich bin die klare Nummer zwei“) weigerte sich, ein Qualifikationsrennen zu bestreiten, und wurde daraufhin von Feldhoff und Capousek massiv unter Druck gesetzt, unter anderem durch den Hinweis auf eine mögliche Streichung ihrer Sportstelle bei VW in Wolfsburg.