Mandela spaltet Südafrikas Zulus

■ Zulu-König Zwelethini erklärt Inkatha-Führer Buthelezi zur unerwünschten Person / Die Ruhe in Natal ist vorbei

Johannesburg (taz) – Am frühen Abend noch hatte alles nach einem politischen Sieg von Mangosuthu Buthelezi, Südafrikas Innenminister und Vorsitzender der konservativen Schwarzenbewegung „Inkatha“, ausgesehen. Lächelnd saß er neben Zulu-König Goodwill Zwelethini und Staatspräsident Nelson Mandela, als letzterer verkündete: „Ich bin nie formell eingeladen worden und werde nicht an den Feierlichkeiten zum Shaka-Tag teilnehmen.“ König Zwelethini, traditionelles Oberhaupt der rund acht Millionen Zulus, hatte den Staatspräsidenten zur heiligsten aller Zulu-Feierlichkeiten am kommenden Samstag eingeladen – Buthelezi reagierte sauer, weil seine Zustimmung nicht eingeholt worden war.

Doch nach dem Rückzieher von Mandela kam in der Nacht die Rache des Monarchen an Buthelezi: König Zwelethini sagte die Feierlichkeiten zu Ehren seines großen Vorgängers und Zulu-Reichsgründers Shaka aus dem 19. Jahrhundert ab. Er verkündete dann nicht nur, daß Buthelezi als „traditioneller Premierminister“ abgesetzt sei – Buthelezi soll auch nicht mehr am Zulu-Hof erscheinen dürfen. Diese Zuspitzung gäbe das ideale Material für eine Fernseh-Seifenoper ab, wenn die Farce in der hügeligen Provinz Natal nicht auch ein immenses Gewaltpotential darstellen würde.

Die Kämpfe zwischen Mandelas ANC und Buthelezis Zulu- Bewegung Inkatha hatten in den letzten Jahren Tausende Opfer gefordert. Seit Südafrikas ersten demokratischen Wahlen Ende April starben monatlich durchschnittlich noch 85 Menschen bei solchen Auseinandersetzungen – weit unter jenen 250, die jeden Monat vor dem Urnengang umkamen. Die Entspannung war gekommen, nachdem Buthelezi seine Boykottdrohungen aufgab und Inkatha an den Wahlen teilnahm. Das Ergebnis: Inkatha errang zwei Kabinettsposten und die Landesregierung von Natal. „Wenn es keinen Kompromiß gegeben hätte“, sagt heute Inkatha-Vertreter Frank Mdlalose, Ministerpräsident von Natal, „hätten 100.000 Menschen umkommen können.“

Der Bruch bedroht Buthelezis Machtbasis

Aber jetzt bedroht der Bruch Buthelezis Machtbasis. Inkatha verdankt einen großen Teil ihres Einflusses der Rückendeckung von traditionellen Dorfältesten und Medizinmännern. König Zwelethini kündigte nun an, er wolle ihnen bei einem Treffen seinen Schritt erklären. Zieht er sie auf seine Seite, würde Inkathas Einfluß schlagartig sinken und Buthelezis politische Ambitionen wären dahin. Seit Monaten versuchen Teile des Königsclans bereits, Buthelezi auszumanövrieren – unterstützt von ANC-Kreisen, die glauben, eine Spaltung der Zulus könne ihnen nur nützen.

Den Vorwand zur Degradierung des Inkatha-Vorsitzenden hatten Inkatha-Anhänger geliefert, die am Montag den Königspalast von Zwelethini in dem Ort Nongoma stürmten. Außerdem steinigten sie den Hubschrauber, mit dem Mandela zu dem Treffen eingeflogen war. Zuvor waren die Geschäfte des Königs in dem Ort bereits boykottiert worden. Aber hinter der überraschenden Entscheidung von König Zwelethini steckt auch tiefsitzende Abneigung gegen seinen Onkel Buthelezi. Seit er 1972 den Thron bestieg, war der König systematisch an den politischen Rand gedrängt und manchmal gedemütigt worden.

Noch ist aber nicht alles entschieden. „Die Zulu-Nation hat sich jedes Jahr auf die Feiern zum Shaka-Tag gefreut, um ihre stolzen Traditionen zu feiern“, erklärte Inkatha-Generalsekretär Ziba Jiyani in einer ersten Reaktion. „Keine Macht der Erde kann die Zulus hindern, auch dieses Jahr zu feiern.“ Willi Germund