Kanther geht in die „Offensive 2000“

■ Mit einem Verbrechensbekämpfungsgesetz II samt Lauschangriff will die Bundesregierung den Bürgern in Zukunft das Recht auf Sicherheit bescheren

Bonn (taz) – Verbrechensbekämpfer Manfred Kanther (CDU) läßt nicht locker. Kaum hat die SPD im Vermittlungsausschuß ihren Widerstand gegen das aktuelle Sicherheitspaket der Union weitgehend eingestellt, verlangt der Innenminister schon nach einem „Verbrechensbekämpfungsgesetz II“, das auch das Abhören mutmaßlicher Gangsterwohnungen ermöglichen soll. Der jüngste Kompromiß, der heute im Bundestag verabschiedet werden soll, sei lediglich eine „Richtungsangabe“ und ein „Einstieg in veränderte Methoden zum Kampf gegen neue Phänomene der Kriminalität“, erklärte Kanther noch am Montag abend und schob gleich Bündel von Maßnahmen und Richtlinien für eine „Offensive 2000“ in der nächsten Legislaturperiode nach.

In dem Papier werden beängstigende Szenarien über gewerbsmäßige Langfingergangs, wachsendes Vandalentum, krakenarmige Mafiabanden und Schlepperringe beschworen. Neben einer Reihe bekannter Forderungen wie etwa einer verstärkten Zusammenarbeit von Polizei, Zoll, Grenzschutz und Nachrichtendiensten will Kanther auch die „Wirksamkeit und Verbesserungsfähigkeit des geltenden Rechts“ in Bereichen wie Kronzeugenregelung, Geldwäsche, Vermögensstrafen oder Zeugenschutz überprüfen. Mit weiteren Vereinigungs- und Parteiverboten und „harten Strafen“ soll gegen Extremisten von rechts und links vorgegangen werden; im Kampf gegen „ausländische Extremisten“ ist auch ein „strikter Einsatz des Ausländerrechts“ vorgesehen.

Wo die Kriminalität ihr Gesicht wandle, mahnte der Dienstherr der Inneren Sicherheit, liefere sich die Politik derweil noch „klassische Ladenhüter-Gefechte“. Wenn der Einsatz von Menschen gegen die modern gerüstete, international operierende Verbrechersyndikate nicht mehr ausreiche, so Kanther, müsse verstärkt zu technischen Hilfsmitteln gegriffen werden. Dahinter verbirgt sich nichts anderes als verbesserte Abhörmöglichkeiten auch bei High-Tech-Kommunikationsmitteln. Schon seit langem gehört der Einsatz technischer Mittel zur „akkustischen und optischen Überwachung von Gangsterwohnungen“ zu den größten Begehrlichkeiten der Unionspolitiker. SPD und FDP wollten die Wanzenplage bisher jedoch höchstens als „letztes Mittel“ und unter strengen Auflagen mittragen.

So klagte Kanther zunächst wieder jene Maßnahmen ein, denen sich die Sozialdemokraten beim Kompromiß zum Verbrechensbekämpfungsgesetz mit Erfolg versperrt hatten. Vor allem will er den Nachrichtendienst noch gezielter in die Strafverfolgung einbeziehen. Daß sich die Agenten im Auftrag der Justiz an Ermittlungen gegen Drogenschieber, Waffenhändler oder Plutoniumschmuggler beteiligen, hatten nicht nur die Rechtsexperten der SPD als verfassungswidrig angesehen, weil dadurch die gebotene Trennung zwischen Polizei- und Geheimdienstaufgaben verwischt werde. Doch das schert Kanther wenig. Er sieht sich in seinem Anliegen bestätigt: Jeder dritte hat laut Meinungsforschern inzwischen Angst vor der wachsenden Kriminalität. Erwin Single