Abstinenz wegen „Rinderwahnsinn“

■ Irland exportiert weniger Rindfleisch nach Deutschland / Schuld daran: die Berichte über BSE in deutschen Medien

Dublin (taz) – In Deutschland ist der Verbrauch irischen Rindfleisches in diesem Jahr stark zurückgegangen. Wie der Verband der irischen Fleischproduzenten (CBF) am Mittwoch bekanntgab, war der Rückgang in den Sommermonaten besonders drastisch. Erst allmählich erholt sich der Absatz wieder, heißt es in dem CBF-Bericht, doch die Verkaufszahlen für 1994 werden weit unter denen des Vorjahres bleiben. Irland exportierte 1993 Rindfleisch im Wert von 100 Millionen irischen Pfund (rund 240 Millionen Mark). Der Export in andere Länder ist dagegen unverändert.

Die CBF macht für die deutsche Rindfleisch-Abstinenz eine Fernsehsendung verantwortlich, die im Frühjahr im ZDF lief. Darin wurde eine Verbindung zwischen dem „Rinderwahnsinn“ – der Bovinen Spongiformen Enzephalopathie (BSE) – und dem beim Menschen auftretenden Creutzfeldt-Jakob- Syndrom hergestellt. Beide Krankheiten, so vermuten verschiedene Wissenschaftler, werden durch den gleichen Erreger ausgelöst und sind unheilbar. Ob BSE auf den Menschen übertragen werden kann, ist nach wie vor nicht bewiesen – das Gegenteil freilich ebensowenig.

Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer wollte nach dem Fernsehbericht ursprünglich nicht nur den Import von britischem Beef, sondern auch von Rindfleisch aus Irland und der Schweiz verbieten. Im Juli einigte sich die Europäische Union auf einen faulen Kompromiß: So darf seitdem kein Fleisch von britischen Rinderherden exportiert werden, in denen in den letzten sechs Jahren Fälle von BSE aufgetreten sind. Eine Ausnahme besteht für entbeintes Fleisch, aus dem das sichtbare Nerven- und Lymphgewebe entfernt worden ist. In Großbritannien sind mehr als 130.000 Rinder an BSE eingegangen, noch immer sterben rund 500 Tiere pro Woche. In Irland und der Schweiz liegt die Gesamtzahl der am Rinderwahnsinn eingegangenen Tiere unter hundert. Ralf Sotscheck