Motiv: „Haß gegen Ausländer und Juden“

Bundesanwaltschaft klagt vier Männer wegen des Attentats auf Lübecker Synagoge des Mordversuchs an  ■ Von K. Kampen

Schleswig/Karlsruhe (taz) – Gegen die vier mutmaßlichen Brandstifter der Lübecker Synagoge hat die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe Anklage wegen fünffachen versuchten Mordes und gemeinschaftlicher schwerer Brandstiftung erhoben. Aus „Haß gegen Ausländer und Juden“ sollen die vier die Lübecker Synagoge in der Nacht zum 25. März dieses Jahres in Brand gesteckt haben, teilte die Bundesanwaltschaft gestern mit.

Der erste Brandanschlag auf eine Synagoge in Deutschland nach der Nazi-Herrschaft hatte weltweit Empörung und Entsetzen ausgelöst. In der Brandnacht hielten sich fünf Menschen in den Wohnungen über der Synagoge auf und konnten sich unverletzt retten. Einer der Hausbewohner war durch das Geräusch berstender Scheiben wach geworden und hatte Alarm geschlagen. Die zur Tatzeit alkoholisierten Angeschuldigten Stephan Marcus W., 25 Jahre, Dirk B., 22 Jahre, Nivo T. und Boris Sven H.-M., beide 20 Jahre alt, sollen laut Anklage gegen 2.15 Uhr in einem Windfang der Synagoge eine Brandflasche, gefüllt mit Brennspiritus und Petroleum, geleert und einen brennenden Molotowcocktail zu Boden geworfen haben. Der Eingangsbereich des Gotteshauses brannte innerhalb weniger Minuten lichterloh. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft entstand ein Sachschaden von 150.000 Mark.

Wochenlang hatte eine Sonderkommission der Polizei nach den Brandstiftern gefahndet. Die vier mutmaßlichen Täter sitzen seit dem 2. Mai in Untersuchungshaft. Drei von ihnen sollen Teilgeständnisse abgelegt haben. Psychiatrische Gutachten über die Schuldfähigkeit der Männer wurden inzwischen eingeholt. Sie könnten in dem Verfahren Gewicht bekommen, da drei der Angeschuldigten zur Tatzeit unter 21 Jahre alt waren und damit als Heranwachsende gelten.

Über die Eröffnung des Hauptverfahrens wird nach Angaben des Sprechers des Oberlandesgerichtes (OLG) in Schleswig, Rolf Alpes, der Zweite Strafsenat des OLG frühestens in der letzten Oktoberwoche beraten. Vor diesem Senat waren im letzten Jahr die Mörder von Mölln zu Höchststrafen verurteilt worden. Die Verhandlung könnte frühestens Ende November beginnen. Vorher prüfe der Senat jedoch, ob die Angeschuldigten des versuchten Mordes hinreichend verdächtigt sind. Werde dies verneint, käme auch eine Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Landgericht Lübeck in Betracht.