„Wir hatten keinen adäquaten Spitzenkandidaten“

■ Die Bündnisgrünen ziehen als dritte Partei in den bayerischen Landtag ein / Stimmenverluste an SPD-Spitzenkandidatin Schmidt / „Kein Signal für den Bund“

München (taz) – „Das ist der Renate-Schmidt-Bonus. Sie hat geerntet, was ihr gar nicht zustand.“ Barbara Hoffmann, Landesvorsitzende der bayerischen Grünen, empfindet das Wahlergebnis als „erschreckend“. Zumindest, wenn sie das Ergebnis ihrer Partei mit dem der Europawahl im Juni vergleicht. Damals kamen die Grünen noch auf 8,7 Prozent, im Freistaat erreichten sie gestern runde 6 Prozent (vor vier Jahren 6,4 Prozent), und ziehen damit als dritte Partei wieder ins Münchener Maximilianeum ein. Das Ziel, „den Wechsel im Freistaat“ zu erreichen, wurde jedoch weit verfehlt. Nicht nur weil Renate Schmidt zwar „im grünen Teich gefischt“ habe, aber bei knapp über 30 Prozent hängenblieb, so der zweite Landesvorsitzende der Grünen, Gerald Häffner, sondern weil die CSU locker die absolute Mehrheit schaffte.

„Was muß denn noch alles passieren, damit sie in Bayern nicht mehr gewählt wird?“ fragte sich Hoffmann angesichts des Erfolgs der CSU. Sie verwies nicht nur auf die zahlreichen Amigo-Affären der „Schwarzen“, sondern auch auf die Fülle von „ökologischen Tiefschlägen“ der Staatsregierung. Ob Autobahnausbau, neue ICE- Strecken oder neue Tieffluggebiete, der bayerische Wähler fühle sich trotzdem von der CSU vertreten. An Positivem kann sie dem Wahlergebnis nur das Scheitern der FDP und der rechtsextremen „Republikaner“ abgewinnen.

Daß das Bayern-Ergebnis für die Grünen ein Signal für die Bundestagswahl ist, glauben weder Hoffmann noch Häffner. Beide sind sich sicher, daß der Wahlkampf im Freistaat optimal gelaufen sei. Mit dem weitgehenden Fehlen grüner Prominenz aus anderen Bundesländern hatte man sich schon vorher abgefunden. Man habe immer wieder klargemacht, daß, wer den Wechsel wolle, grün wählen müsse, betonte Landessprecher Stefan Scholer. Doch der Trend von Sachsen und Brandenburg habe sich fortgesetzt, daß Wahlentscheidungen „stark personalisiert“ seien. Edmund Stoiber auf der einen und Renate Schmidt auf der anderen Seite hätten die Wähler polarisiert. Den Grünen sei es eben nicht gelungen, „adäquate Spitzenkandidaten ins Rennen zu schicken“.

Knapp eine halbe Million Mark investierten die Grünen im Freistaat. Noch kurz vor dem Urnengang hatten die beiden Landesvorsitzenden in einem Brandbrief die Basis aufgefordert, „alle Kräfte zu mobilisieren“. Sie hatten befürchtet, daß sie Stimmen an die SPD- Spitzenkandidatin verlieren würden, die sich als „starke Frau“ mit ökologischen Themen präsentiert hatte. Der Versuch, die grünen KandidatInnen eigens auf Tour durch den Freistaat zu schicken, um so die WählerInnen bei der Stange zu halten, verhinderte jedoch nicht den Stimmenverlust.

Mit der „Ökologisch Demokratischen Partei“ (ÖDP) stand den Grünen eine weitere Konkurrenz ins Haus. Die setzt mit ökologischen Themen auf den Mittelstand und konnte ihr Wahlergebnis von den Europawahlen (2,2 Prozent) halten. Bernd Siegler