■ Sie können es nicht lassen: Schon wieder Finnen untersucht!
: Alkohol vor dem Verkehr

Helsinki/Berlin (taz) – Über den merkwürdigen Umgang der Finnen mit Alkohol haben wir an dieser Stelle schon ausführlich berichtet. Und auch darüber, daß die Nordmänner diejenigen Männer sind, deren Spermaqualität in Europa von niemandem übertroffen wird. Nicht genug, das Volk aus dem Land der tausend Seen wird weiter untersucht!

Diesmal versuchten zwei Biomediziner herauszufinden, wie sich das mit Alkohol und Liebeslust verhält. Die Sexoholexperten C.J. Eriksson (Uni Helsinki) und Tatsushige Funkunga (Uni Shiga) vertrauten der Fachzeitschrift Nature (369/1994) wissenschaftlich an, wie sich das wirklich mit Männern, Frauen und der Lust aufeinander nach ein paar Gläsern Feuerwasser verhält.

Das klassische Beispiel der auf dem Betriebsfest verführten Sekretärin mag die Sexoholexperten inspiriert haben, ebenso wohl auch das des Mannes, der nach reichlich Alkohol nicht mehr zur gebotenen Höhe findet. Daß das so läuft oder eben nicht läuft, ist dem Volksmund schon lange klar, doch der Wissenschaft blieb es bislang kronkorkendicht verschlossen. Jetzt glaubt man in Helsinki, die Ursache dafür gefunden zu haben: Es sind die Hormone.

Die Frauen bekommen gleich ein paar mehr davon ausgeschüttet, wenn sie sich einen einschütten. Bei 0,34 bis 1,0 Promille Alkohol im Blut schüttet der weibliche Organismus gleich eine ganze Ladung Testosteron aus, eine Substanz, die mit den Lustgefühlen zusammenhängt. Der österreichische Wiener kommentierte wie immer etwas schlüpfrig „nach zwei Achterln sind ein paar Hormone locker“, und: Wird „die Kehle befeuchtet, bleibt auch sonst wenig trocken“. Dr. Eriksson drückte es dagegen wirklich trocken aus – „der Zusammenhang zwischen Testosteron und sexueller Erregung bei Frauen“ ist deutlich aufgezeigt.

Kein Wunder, daß sich in Helsinki mühelos 200 freiwillige Testpersonen fanden – einem Teil von ihnen winkten für Finnland unerhörte Glücksumstände. Das Testtrinken hatte nur für diejenigen Nachteile, die Placebo-Getränke eingeschenkt bekamen, soll heißen alkoholfreie Traubensäfte.

Bei den Frauen erzielten die Sexoholexperten erstaunliche Ergebnisse. Demnach sei es völlig egal, wieviel die Frauen trinken, sobald mehr als 0,3 Promille erreicht sind, brechen die Testosteron-Dämme. Zur fruchtbarsten Zeit (Zyklus- Tage zehn bis 15) ergießen sich gar regelrechte Hormonfluten in den weiblichen Körper, sofern Alkohol im Spiele ist.

Beim Manne hingegen hat der Alkohol die entgegengesetzte Wirkung. Der sowieso schon hohe Testosteron-Spiegel sinkt nach dem Genuß von Bier, Schnaps, Wein usw. rapide ab. Somit ließe sich damit das Phänomen erklären, warum die Finnen vielleicht die theoretisch fruchtbarsten Männer Europas sind, aber dennoch die Einwohnerzahl Finnlands kaum mehr als fünf Millionen beträgt... Falk Madeja