Ohne Antibiotika fast immer tödlich

■ Bis zur Entdeckung des Erregers Ende des 19. Jahrhunderts raff- ten die Pestepidemien seit der Spätantike Millionen Menschen dahin

Ganz ausgestorben war die Seuche, deren Todeszüge die Menschen von der Spätantike bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in Angst und Schrecken versetzte, nie. Im Jahre 1990 wurden der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus den Wald- und Savannenregionen Südamerikas, aus Zentralafrika und Südostasien insgesamt 1.250 Infektionen gemeldet. Zwei Jahre später registrierte sie schon 1.798 Fälle, 198 Menschen starben. Alarmiert von der stetig steigenden Zahl der Infektionen seit den achtziger Jahren warnte die WHO: „Der Schwarze Tod kehrt zurück.“

Die letzte große Epidemie wütete 1896 in Indien und China. Allein in der weiteren Umgebung Bombays starben zwölf Millionen Menschen. In Hongkong gelang den Forschern Yersin und Kitasato während der Epidemie die Entdeckung des Erregers – eines stäbchenförmigen Bakteriums, das die Bezeichnung „Yersinia pestis“ erhielt. Hauptwirte des Erregers sind Ratten, die durch den Stich des Pestflohs infiziert werden. Der ist menschenpathogen, beim Stich werden die Pestbazillen in die Blutbahn geschleust. Die Infektion wird dadurch begünstigt, daß Flöhe etwa 30 Tage auch ohne Symbiose mit einem Wirtstier oder Menschen überleben können und sich ab 12 Grad Wärme rasant vermehren.

Es gibt zwei Arten von Pest, die Beulen- und die Lungenpest. Letztere ist gefährlicher und führt ohne die Verabreichung von hochdosierten Antibiotika fast immer zum Tod. Sie wird durch Tröpfcheninfektion hervorgerufen, wie Schnupfen oder Grippe über den Nasen-Rachen-Raum übertragen. Die Inkubationszeit beträgt zwei Tage, Symptome sind Herzrasen, Bluthusten, Atemnot und schließlich Ersticken auf Grund einer Nervenlähmung sowie Lungengewebszerstörung. Eine Schutzimpfung ist möglich.

Pestepidemien sind seit dem 6. Jahrhundert bekannt, in Konstantinopel starben während der Justinianischen Pest wahrscheinlich 5.000 Menschen pro Tag. Am verheerendsten wirkte die Seuche von 1347 bis 1351, über die Seidenstraße wurde sie vermutlich über China und Indien nach Europa eingeschleppt. Von Süditalien bis nach Irland starben etwa 23 Millionen Menschen, ein Drittel der damaligen Bevölkerung Europas. Große Pestepidemiem entvölkerten 1665 London und ebenfalls Mitte des 17. Jahrhunderts Mailand. Die Londoner Pest beschrieb der Verfasser des Robinson Crusoe, Daniel Defoe, und die von Mailand Alessandro Manzoni in dem Roman „Die Verlobten“. Anita Kugler