SPD stützt Werner Schulz

■ Sachsens SPD ruft zur Wahl des Bündnis-Politikers auf

Berlin (taz) – So kann's geh'n. Der Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/ Die Grünen, Werner Schulz, der eben noch im sächsischen Landtagswahlkampf für Schwarz-Grün optierte, ist auch bei der sächsischen SPD angesehen. Die jedenfalls hat am Wochenende beschlossen, Schulz' Bewerbung um das Bundestagsdirektmandat im Wahlkreis 309, Leipzig Nord, zu unterstützen. Hintergrund der überparteilichen Empfehlung, die am Wochenende vom Präsidium des sächsischen SPD-Landesverbands sowie vom geschäftsführenden Ausschuß des Unterbezirks Leipzig einstimmig getroffen wurde: Die SPD hat im Wahlkreis 309 keinen eigenen Kandidaten. Sie hatte. Doch der Bundestagsabgeordnete Michael Müller mußte auf Beschluß der Landes-SPD seine Kandidatur zurückziehen, nachdem er öffentlich für eine organisatorische Vereinigung zwischen SPD und PDS plädiert hatte. Für die Aufstellung eines neuen SPD-Bewerbers war es danach zu spät.

So ist es jetzt die ironische Konsequenz von Müllers Affinität zur PDS, daß deren Chancen auf ein Direktmandat in Leipzig sinken. Denn Bündnis- und SPD-Wähler hätten ansonsten ihr Stimmenpotential gesplittet, doch gemeinsam könnten sie in der „Hauptstadt der friedlichen Revolution“ schon mehrheitsfähig sein.

Bisher spekulierte die PDS auf den Gewinn des Wahlkreises. In der Wahlkampfplanung der PDS jedenfalls gehört Leipzig Nord zu den zehn Schwerpunktwahlkreisen, in denen die Wahlkampagne der Partei konzentriert wird, um mindestens drei Direktkandidaten durchzubringen. Damit entfiele für die PDS die Fünfprozenthürde. Für die PDS bewirbt sich im Wahlkreis 309 die Bundestagsabgeordnete Barbara Höll, die 1989 die SED verließ und seither parteilos ist. 1990 gewann der Bundestagsabgeordnete Hermann Pohler den Wahlkreis mit 39,8 Prozent für die CDU. Der Diplomlandwirt gehörte seit 1954 der Ost-CDU an.

Inzwischen wächst sich die sozialdemokratische Unterstützung von Werner Schulz zu einer echten Initiative aus. Auch Hans-Jochen Vogel und Egon Bahr rufen zu seiner Wahl auf. Ebenso Wolfgang Thierse. Der jedoch muß bei seiner Direktkandidatur gegen den PDS- Kandidaten Stefan Heym aller Voraussicht nach ein paar Prozente an den chancenlosen Bündnis-Bewerber abgeben. Es könnten die entscheidenden sein. eis