Kids in Abschiebehaft

■ 17jähriger seit fünf Monaten in der Kruppstraße / Drei Häftlinge protestieren mit Hungerstreik gegen Einzelhaft

Seinen siebzehnten Geburtstag erlebte Maher Bahhoumi im Abschiebegewahrsam Kruppstraße. Seit fünf Monaten sitzt er in Abschiebehaft, und es gibt „keine Hoffnung, daß er rauskommt“, sagt Angela Hamaiel von der Initiative für Abschiebehaft, die ihn betreut. Bahhoumi ist derzeit nicht der einzige Jugendliche mit diesem Schicksal. Hamaiel weiß von zwei fünfzehnjährigen Rumänen, die gestern vom Abschiebegewahrsam Gothaer Straße in die Kruppstraße verlegt wurden.

Dem ausländerpolitischen Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Ismail Kosan, ist ein weiterer Jugendlicher namentlich bekannt: Der 17jährige Faid Abdelladam aus Marokko ist seit Juli in der Kruppstraße. Zuvor war er neun Monate in der Haftanstalt Plötzensee inhaftiert. Der Haftgrund war Kosan nicht bekannt. Seinen Angaben zufolge befindet sich derzeit auch noch ein Jugendlicher palästinensischer Nationalität in Abschiebehaft.

Bahhoumis Asylantrag wurde im Dezember vergangenen Jahres innerhalb von zwei Tagen als „offensichtlich unbegründet“ zurückgewiesen, eine „blitzartige Entscheidung“, so sein Anwalt. Derzeit wartet er darauf, daß das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge darüber entscheidet, ob Bahhoumis Asyl- Folgeantrag zugelassen wird. Solange diese Entscheidung aussteht, kann er zwar in Abschiebehaft genommen werden, aber nicht abgeschoben werden. Der Rechtsanwalt verweist darauf, daß einem Urteil des Berliner Kammergerichts zufolge Jugendliche nur maximal drei Monate inhaftiert bleiben sollen.

Bahhoumi, dessen Vater und Bruder als Anhänger der Moslembruderschaft verfolgt wurden und ins Ausland flohen, befürchtete ebenfalls, verfolgt zu werden. Während einer polizeilichen Durchsuchung seines Elternhauses flüchtete auch er. „Er hat Angst, nach Tunesien zurückzumüssen“, so Hamaiel. „Er sagt, er geht überallhin, aber nicht nach Tunesien.“

Wie Ismail Kosan mitteilte, sind im Abschiebegewahrsam Hans- Beimler-Straße seit Mittwoch erneut drei Männer im Hungerstreik. Sie waren nach dem Hungerstreik im Sommer in die Haftanstalt Moabit verlegt worden. Die drei protestieren gegen die Einzelhaft, die ihnen seit dem 16. September auferlegt wurde.

Unter den Hungerstreikenden ist auch ein Palästinenser, der dringend operiert werden müßte. Ein Krankenhausarzt hatte ihm im Juli erklärt, daß sonst sein Bein amputiert werden müßte. „Er hat große Schmerzen“, sagte Angela Hamaiel. Andere Ärzte hätten ihm gesagt, er könne sich doch im Libanon operieren lassen. Da er gegenwärtig aber nicht abgeschoben werden kann, weil er keinen Paß hat, nütze es aber nichts, ihn darauf zu vertrösten. Die Hungerstreikenden fordern, daß er so bald wie möglich operiert wird. Außerdem fordern sie, entweder mit den anderen Abschiebehäftlingen in der Gothaer Straße zusammengelegt oder in die Kruppstraße zurückverlegt zu werden.

Aus Anlaß des heutigen Weltflüchtlingstags veranstaltet der Flüchtlingsrat am kommenden Samstag in der Zeit von 13 bis 15 Uhr eine Protestaktion vor dem Abschiebeknast Kruppstraße 15, an der auch der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, teilnehmen wird. Dorothee Winden