Was eigentlich ist die Weltbank?

■ Auf dem alternativen Forum zum Jahrestreffen von IWF und Weltbank in Madrid lernen spanische NGOs noch

Madrid (taz) – Ein wenig chaotisch ist es schon, das alternative Forum zum IWF- und Weltbankjahrestreffen. In den Gängen der medizinischen Fakultät der Autonomen Universität Madrid treffen sich ständig Mitarbeiter von Umwelt- und Dritte-Welt-Gruppen aus aller Welt, die bekannte Kämpferin gegen den Narmada- Staudamm in Indien, Medha Patkar, gibt hier und dort ein Interview, und die Publizistin und Weltbank-Kritikerin Susan George stellt ihr neuestes Buch vor. In Workshops wird unterdessen über fairen Handel und die Auswirkungen der Weltbankpolitik auf das Klima, über die ökonomische Entwicklung des Nahen Ostens oder eine Kampagne für Schuldenerlaß debattiert.

Über 300 Interessierte aus Spanien und zahlreichen anderen Ländern waren schon am Montag zur Eröffnung da, über tausend kommen zu den abendlichen Plena über verschiedene entwicklungspolitische Themen. Und für das kommende Wochenende rechnen die Veranstalter mit 1.500 Leuten – etwa ein Zehntel der für die IWF- und Weltbank-Jahrestagung in Madrid erwarteten Gäste.

Steve Graham, der seit gut einem Jahr damit beschäftigt ist, das alternative Forum vorzubereiten, muß sich um Aktivisten kümmern, die noch Informationen loswerden wollen, um die prominenten Redner auf den Podiumsdikussionen. Beim hastigen Mittagessen in der Cafeteria bedauert er, wie gering doch das Bewußtsein in der spanischen Öffentlichkeit über Probleme der sogenannten Dritten Welt ausgeprägt sei, viele wüßten kaum, was die Weltbank eigentlich ist. Zudem sei die alternative Szene schwach, Nicht-Regierungs- Organisationen (NGOs) „haben aufgrund der langen Diktatur in Spanien weniger Zeit gehabt, sich zu entwickeln als anderswo“, fügt der in Madrid lebende Engländer entschuldigend hinzu.

Kampagne „50 Jahre sind genug“

Als vor zwei Jahren aus dem Ausland Anfragen kamen, was denn in Madrid anläßlich des Weltbank- und IWF-Treffens geplant sei, habe man erst angefangen, sich darüber Gedanken zu machen. Der spanische Umweltverband Aedenat schrieb erst einmal 500 spanische und 300 ausländische Gruppen an. Hunderte von spanischen Gruppen – Umweltgruppen, Jugend- und Studentenorganisationen, Zeitschriften, kleine Parteien und viele andere – fanden sich daraufhin zu einer Kampagne „50 Jahre sind genug“ zusammen. Deren Aufgabe war zunächst, überhaupt in der Öffentlichkeit auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen.

Während die Kampagne in erster Linie darauf ausgerichtet ist, in Spanien selbst Öffentlichkeitsarbeit zu leisten, ist das alternative Forum als internationales Ereignis gedacht. NGOs aus zahlreichen Ländern stellen die verschiedensten Ansätze vor, die meisten eher reformistisch, manche aber möchten IWF und Weltbank als imperialistisches Druckmittel des Zentrums gegen die Peripherie schlicht abgeschafft sehen.

Die Kampagne in Spanien selbst bezeichnet Steve Graham als eher fundamental kritisch. Detailfragen und differenzierte Reformschritte zu diskutieren, davon sei man hier noch weit entfernt. Und nach dem Jahrestreffen? Graham zuckt mit den Schultern und verweist auf die Erfahrungen nach der Weltbank- und IFW-Kampagne in Berlin 1988. Die wenigsten Gruppen führten die Arbeit damals fort. Immerhin sind zwei inzwischen als Weltbank- und IFW-Kritiker äußerst profilierte NGOs, WEED und Urgewald, aus der Kampagne hervorgegangen. Nicola Liebert