Bruchpiloten am Himmel über Berlin

■ Mißwirtschaft und Versagen in Berlins Flughafen-Holding: Aus Protest gegen Personalentscheidung springt Senator ab

Berlin (taz) – Die Berliner CDU feiert den neuesten Coup ihres Landesvorsitzenden Eberhard Diepgen als Erfolg: In seiner Funktion als Regierender Bürgermeister gewann Diepgen den ehemaligen IBM-Chefmanager und designierten BDI-Präsidenten Hans- Olaf Henkel in dieser Woche als Aufsichtsratsvorsitzenden für die Berlin Brandenburg Flughafen- Holding (BBI). Henkel soll die durch Immobilienspekulationen und Entschlußlosigkeit heruntergewirtschaftete BBI (Flughäfen Tegel, Tempelhof und Schönefeld) vor der Pleite bewahren. Tatsächlich aber hat Überflieger Diepgen den Konflikt verschärft: Wirtschaftssenator Norbert Meisner (SPD) legte aus Protest sein Mandat in dem Kontrollgremium nieder. Der Streit könnte kaum kontroverser sein. Vor zwei Wochen bescheinigte der Landesrechnungshof den vier Vertretern des Landes Berlin im Aufsichtsrat der BBI (Bund 26 Prozent, Brandenburg und Berlin jeweils 37 Prozent), seit der Holding-Gründung 1991 weder bei der Kontrolle der Geschäftsführung noch bei bevorstehenden Entscheidungen ihre Aufgaben wahrgenommen zu haben. Indirekt signalisierte der Chef der CDU/SPD-Koalition mit der Ernennung des Ex-Managers wieviel er seinen Regierungsmitgliedern zutraut. Und dies nicht zu Unrecht: Durch den überteuerten Fehlkauf von 118 Hektar Ackerland droht der Holding bis 1997 ein Defizit von über 900 Millionen Mark. Wirtschaftssenator Meisner, der dem Aufsichtsrat erst seit kurzem angehörte, kritisierte die Personalentscheidung des Unionspolitikers Diepgen bereits im Vorfeld. Denn Henkel kann als Macher aus der Privatwirtschaft im Aufsichtsrat unabhängig von den – und damit auch gegen die – politischen Vorgaben agieren. Meisner lehnte „das Konzept eines politikfernen Aufsichtsrats“ ab. Schließlich seien die zu lösenden Aufgaben wie die Entschuldung der Holding, die Standortentscheidung für den geplanten Großflughafen südlich von Berlin und der Ausbau oder die Schließung der drei bestehenden Flughäfen von der Politik zu lösen. Die wohl schwerwiegendste Konsequenz, die der Rechnungshof in seiner Untersuchung ausgemacht hat, ist das Aus für den Großflughafen. Durch die Ackerland-Affaire sei das Stammkapital der Holding „nahezu aufgebraucht“ und würden Rücklagen „in naher Zukunft nicht entstehen“. Das Abgeordnetenhaus beschloß zufällig zeitgleich zu Henkels Ernennung zum Aufsichtsratsvorsitzenden die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Hauptverdächtige für ein Outing als Bruchpiloten: Finanzsenator Elmar Pieroth und Verkehrssenator Herwig Haase (beide CDU). Dirk Wildt