Unter falschen Kakteen heult die Plüschtöle

■ Gipfel der Dekadenz: Edel-Kratzbäume für die Katze, Biedermeier-Sofas für den Hund

Im Bereich der Tieraccessoires sind der Fantasie, der Extravaganz und dem Kitsch keine Grenzen gesetzt – vorausgesetzt, der Geldbeutel macht's mit. Christa Otter, Verkäuferin in der Zehlendorfer Tierboutique, kennt sich aus: „Wer was Alltägliches will, geht zu Karstadt. Besonderes, Extravagantes findet man hier.“

Passend zu jeder Wohnungseinrichtung können sich Tierbesitzer eine Schlafhöhle in schwarz-kühlem Nappaleder für Bello oder ein Bett samt Kissen in dezenten Pastelltönen für die Mieze erwerben. Die beiden Prachtstücke kosten jeweils rund 200 Mark.

Englandliebhaber können für den tierischen Hausgenossen zudem eine knallrote, englische Telefonzelle für 150 Mark erstehen, eine Postzulassung ist nicht erforderlich. Und Autofreaks erfreuen sich an ihrem Hund im flotten, schnittigen Cabriolet zum Faulenzen; für warme Nächte sorgt das schwarz-rote Plüsch-Iglu für schlappe 100 Mark.

„Richtig wohlfühlen kann das Tier sich aber auch in einem niedlichen Weidenpuppenwagen mit Blümchenvorhängen“, so Christa Otter. Da erscheint die Katzenhängematte für 170 Mark eine echte Alternative zu sein. Jeder Hund erblaßt vor Neid, sieht er das 500 Mark teure, mit Pastellfarben und Plüschintarsien verzierte Häuschen der Nachbarskatze im Wohnzimmer stehen, inklusive Türschild und Kratzbaum.

Vermeintlich niedliche Stoffmuster und kitschige Formen scheinen mehr für das menschliche Auge gemacht zu sein als an tierische Bedürfnisse angepaßt. Bärbel Pisters vom Alt-Mariendorfer Hundesalon meint: „Auf einem kleinen Biedermeiersofa können höchstens Puppen, aber sicher keine Hunde sitzen. Bequem müssen die Möbel schon sein.“

Bei so luxuriösen Möbeln darf die Katzentoilette nicht nachstehen. Eine nachgebildete Balkonumrandung mit Blumenkästen und grellbunten Plastikblümchen sorgt für die nötige Ruhe beim täglichen Katzengeschäft.

Und einen besonderen Luxus gibt es nur für Katzen: Der niederländische Hersteller Cat Palace bietet exklusive Kratzbäume an. So kostet eine chinesische Pagode mit mehreren Ebenen und viel Plastikefeu 1.800 Mark.

Noch exotischer und scheußlicher nehmen sich die Kratzbäume des deutschen Herstellers Koch mit phantasievollen Namen wie Coyote, Nevada oder Catcity aus. Catcity aus grauem Plüsch ein wahrer (Alp-)Traum für die Großstadtkatze. Schlupfhöhlen, verschiedene Ebenen und grüne Plüschpalmen bieten hier ein Adventureland à la Bronx für die Katze. Zu haben ist das Wunderwerk für ungefähr 1.200 Mark. Dem Kratzbaum Coyote, einem kakteenähnlichen Ungetüm mit heulender Plüschtöle davor, ist es allerdings allemal vorzuziehen.

Große Hunde schneiden schlechter als ihre kleinen Geschwister ab. „Für sie gibt es nur wenige Dinge. Zum Beispiel ein sehr weiches, großes, in verschiedenen Stoffen erhältliches Liegekissen“, so Verkäuferin Otter.

Eine 18karätige Goldleine tröstet den echten deutschen Schäferhund aber sicher darüber hinweg, auch wenn der Yorkshire von nebenan das italienische Nappamäntelchen und die schottische Schirmmütze ein bißchen sehr hochnäsig zur Schau trägt. Eva Blank