Sarah Kirsch folgt dem „Berliner Appell“ nicht

■ Kirsch: „Verschrobene Wertungen“

Berlin (taz) – Ein „Berliner Appell“, der die vermeintliche Wiederkehr des Sozialismus und „eine Hexenjagd auf Konservative und demokratische Rechte“ beklagt, wurde am Mittwoch in der taz als Anzeige geschaltet. Nicht nur der Ort der Veröffentlichung, sondern auch die Namen einiger Unterzeichner sollten provozieren.

Neben den Initiatoren, den neurechten Springer-Journalisten Rainer Zitelmann und Heimo Schwilk, sowie einer Reihe von rechtskonservativen Politikern, Journalisten und Schriftsteller, wie Heinrich Lummer, Alfred Dregger und Basilius Streithofer, fanden sich auch Bürgerrechtler wie Freya Klier und Wolfgang Templin sowie die Schriftstellerin Sarah Kirsch unter dem Papier – und signalisierten mit ihrem Namen eine überparteilich breite Zustimmung. Ein womöglich vorgetäuschter Eindruck: denn seit gestern sehen sich die Initiatoren mit dem Vorwurf konfrontiert, eine Unterschrift ohne den Willen der Betreffenden veröffentlicht zu haben. Sarah Kirsch hat gegenüber der FAZ erklärt, sie habe „nicht unterschrieben“ und erst nach der Veröffentlichung erfahren, daß sie als Unterzeichnerin mitlaufe.

„Das finde ich nicht in Ordnung“, erklärte Kirsch, denn „den Text des Appells hätte ich nämlich zum großen Teil nicht unterschrieben“.

Weder stimme sie mit dem Satz überein, daß vier Jahre nach der Vereinigung der Sozialismus eine Wiederkehr erlebe, noch könne von einer „Hexenjagd auf Konservative“ die Rede sein. Dies seien verschrobene Wertungen, die eigentlich lächerlich sind. Der ganze Appell habe etwas Übertriebenes und Lächerliches. Die Initiatoren hingegen beharren darauf, daß alle Unterzeichner den vollständigen Text gekannt und ihre Unterstützung bekundet hätten, „auch Frau Kirsch“. Sie habe ausdrücklich erklärt, „daß sie den Inhalt des Appells mittrage“. Ihre Distanzierung müsse als „Ergebnis einer Kampagne gewertet werden, die beispielsweise in der taz“ und einigen anderen Zeitungen initiiert worden sei und würde. dr