■ Für die sprachliche Correctness aus dem Obstladen
: Deutschland weglassen

Deutschland ist wieder da – samt „Volk“, „Vaterland“ und „Nation“. Was vor noch gar nicht allzu langer Zeit mehr oder weniger auf Neujahrsansprachen und die Haselnußpresse beschränkt war, tummelt sich nun ganz selbstverständlich in Talkshows, in der Alltagssprache, in Bierreklamen und Nachrichten. „Vier Jahre Deutschland“ nennt der Berliner Tagesspiegel etwa seine Sonderbeilage zum 3. Oktober. Und die Grünen bilden auf ihren Wahlplakaten quasi als Hauptaussage eine Deutschland-Silhouette ab. Verschämt steht „Ein Land“ drüber.

Dabei hätten auch die, die heute statt „Ausländer“ lieber „ImmigrantInnen“ sagen und in den 70er und 80er Jahren lieber „BRD“ statt „Bundesrepublik“ schrieben, es doch eigentlich ganz einfach mit der sprachlichen Correctness. Verzichten wir doch auf die schwarzrotgoldene Sättigungsbeilage und erinnern wir uns an die gute alte Vokabel aus dem Obst- und Gemüsehandel. Statt „deutsche Verhältnisse“ oder „deutsche Manager“ könnte es immer öfter „hiesige Verhältnisse“ oder „hiesige Manager“ heißen. Statt „in Deutschland“ könnte man auch „hierzulande“ schreiben. Wer die Muttersprache beherrscht, braucht kein „Vaterland“.

Um runter von Blut und Boden zu kommen, können „Deutsche“ und „das Volk“ zur Abwechslung auch „Bürger“, „Einwohner“, „Bewohner“, „Inländer“ oder ganz einfach „Bevölkerung“ genannt werden. Die „Volksmusik“ darf natürlich weiter so heißen, denn „Bevölkerungsmusik“ wäre einen Tick zu ungenau. „Volxküche“ und „Volkssolidarität“ dürfen ohnehin bleiben. Und der „Volkswagen“ (vormals „KdF-Wagen“) ist – unter umgekehrten Vorzeichen – ja schon längst zum „VW“ umgevolkt, äh ..., -golft.

Ganz leicht verzichtbar sind „Fernsehnation“ und „Wahlvolk“, zwei Synonym-Getüme aus der „Presselandschaft“. Muß das Wort „Nationalhymne“ unbedingt erwähnt werden, dann kann es bequem als „hiesige Hymne“ aus Ruinen auferstehen, die „Deutsche Fußballnationalmannschaft“ könnte schlicht „fußballerische Vertretung der BRD“ heißen. Wäre der Effe-Finger dann noch der Rede wert?

Eben. Statt „Nie wieder Deutschland“ zu brüllen, lassen wir es konsequent weg. Axel Springers vier Anführungsstriche waren nichts gegen diese drei Punkte! Und wer die Leerstellen nicht mag, darf gerne „Nachfolgestaat des Dritten Reichs“ schreiben. Hans-Hermann Kotte