Polen macht langsam

■ Änderungen bei der Privatisierung

Warschau (taz) – Polens Premierminister Pawlak wartete bis zum letzten Moment. Am Samstag abend um 24 Uhr lief der vertragsmäßige Termin zum Beginn des „Allgemeinen Privatisierungsprogramms“ aus, den Polens verschiedene Privatisierungsminister bereits seit Jahren vorbereiten. Um einen vom Internationalen Währungsfonds bereitgestellten Kredit in Anspruch nehmen zu können, hätte Pawlak bis Mitternacht unterschreiben müssen. Tage zuvor hatten ihn Medien und Opposition für sein Zögern kritisiert. Pawlak schwieg eisern und unterschrieb nicht. Dann trat er am Samstag abend exakt vier Stunden vor Ablauf des Termins im Fernsehen auf und erklärte in fünfzehn Minuten seine Bedenken.

Polens „Allgemeine Privatisierung“ beruht auf einer Konstruktion, derzufolge mehrere große Investitionsfonds die Aktien von insgesamt 367 Staatsbetrieben übernehmen. Die Bürger erhalten ihrerseits Aktien der Investmentfonds. Verwaltet werden sollen die Fonds von ausländischen Firmen, die dafür unter anderem vom Internationalen Währungsfonds bezahlt werden. Genau diese Konstruktion ist es, die Pawlak nicht gefällt. Die ausländischen Firmen müßten selbst kein Vermögen einbringen, könnten aber über gewaltiges polnisches Vermögen verfügen. So könnten die Ausländer einfach den Ruin der Firmen herbeiführen: „Ob sie die Fonds zur Blüte oder in den Untergang treiben, hängt nur von ihrem guten Willen ab.“

Polens Premier schlug deshalb vor, auch polnische Manager an der Verwaltung der Treuhandfonds zu beteiligen. Darüber hinaus seien einige der insgesamt 460 Betriebe noch gar nicht ausreichend bewertet worden.

So komme das Programm nun noch einmal vor den Ministerrat und werde dann erst freigegeben. Übermäßige Eile diene der Sache Polens nicht, wies Pawlak Kritik der Opposition zurück. Nach Ansicht von Beobachtern bedeutet Pawlaks Ankündigung nun zwar eine Verzögerung des Privatisierungsprogramms, aber keinen Abschied davon. Offen ist noch, wie der IWF auf die Terminüberschreitung reagiert. Klaus Bachmann