: Der Lächerlichkeit preisgegeben
■ Neues Handelsabkommen zwischen USA und Japan
Tokio (taz) – Vor knapp drei Jahren war US-Präsident George Bush für den letzten amerikanisch- japanischen Handelskompromiß schlicht unter den Tisch des Tokioter Staatsbanketts gekippt, um Amerika vor aller Welt lächerlich zu machen. Diesmal verband Washington eine hochpolitisierte Sanktionsdrohung gegen Tokio mit der kleinkarierten Forderung nach lockeren TÜV-Bestimmungen in Japan – was den japanischen Premier Tomiichi Murayama zu der lakonischen Antwort bewegte: „Japan wird keinen Kompromiß machen, weil es seine Sicherheitsbestimmungen nicht lockern kann.“
Dieses vorläufig letzte Wort des japanischen Regierungschefs zum neuen Handelsabkommen zwischen Tokio und Washington sagte alles über den jetzt erreichten Kompromiß: Er ist nämlich keiner. Fast verzweifelt hatten die Handelsminister beider Länder bis zum vergangenen Wochenende versucht, eine Einigung zu erzielen und den von vielen heraufbeschworenen Handelskrieg über dem Pazifik zu beenden, bevor weitere Sanktionen der Vereinigten Staaten in Kraft treten. Am Ende einigten sich die Minister beider Länder gerade in so vielen Bereichen, wie es unbedingt nötig war, um den Anschein eines gütlichen Einvernehmens zu erwecken – dazu gehören das Versicherungswesen, die öffentliche Beschaffung von medizinischen Geräten und die Glasindustrie, wo die japanische Regierung den ausländischen Wettbewerbern in Zukunft größere Chance einräumen will.
Doch selbst diese Einigung hat noch einen Haken, denn beide Seiten sind sich nicht einig, wie man Erfolg oder Mißerfolg des Abkommens später eigentlich messen und beurteilen soll – also etwa am Marktanteil oder besser am Umsatzvolumen ausländischer Firmen in Japan oder am besten gar nicht messen? Die Möglichkeiten, sich später gegenseitig des Abkommensbruchs zu beschuldigen, sind unendlich.
Am meisten Klarheit herrscht deshalb dort, wo sich die Verhandlungspartner nicht einig geworden sind, und die USA nun Sanktionen vorbereiten: beim Handel mit Autoteilen und -zubehör. Es geht um besondere Vorschriften, die japanische TÜV-Werkstätten beim Wechsel von Motoren und Bremsen beachten. Sie führen dazu, daß bei bestimmten Reperaturen fast nur japanische Ersatzteile verwandt werden – das alles will Washington ändern, räumt aber immerhin noch ein Jahr Verhandlungsfrist vor Eintreten der Sanktionen ein.
Fürs weltweite Publikum gelang es den USA damit vor allem, die amerikanischen Verhandlungsziele erneut der Lächerlichkeit preiszugeben. Japanische Spitzenmanager nutzten deshalb gestern ihre Chance und erinnerten Washington daran, „den Prinzipien des Gatt zu gehorchen, und dem Freihandelssystem keinen weiteren Schaden zuzufügen“, so etwa Toyota-Chef Toyoda. Arbeitgeberpräsident Masaru Hayami machte den wertvollen Vorschlag, „mit den mikroökonomischen Verhandlungen endlich aufzuhören“.
Doch genau das wollen die USA nicht. Handelsminister Mickey Kantor drohte an, die gleichen peinlichen Verhandlungsprozeduren auf weitere Industriebereiche auszuweiten. Georg Blume
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