Winterhilfe für Lukavac

■ Bosnische Stadt im Versorrgungsnotstand: Vorräte in vier Wochen erschöpft

„Die Großmächte haben Bosnien wie kleine Diebe übers Ohr gehauen.“ Wer auch immer geglaubt hat, die Lage in Bosnien habe sich nach den Verhandlungsdurchbrüche der letzten Monate entspannt – Hasan Hodzic, der Bürgermeister aus Lukavac, belehrt eines Besseren. Lukavac wird nach wie vor von serbischen Einheiten beschossen, die Lebensmittelvorräte reichen nur noch für wenig Zeit. Der Winter naht, und noch weiß die Stadt nicht, wie sie ihn überstehen soll. Gestern berichtete Hodzic über die Lage in Bosnien, und die Mitglieder der Hilfsorganisation „Brücke der Hoffnung“ haben angekündigt, noch einmal Dampf hinter die Spendensammlungen zu machen.

Claus Gehlhaar vom Arbeiter Samariter Bund hatte den LKW begleitet, der im Pendelverkehr die Bremer Hilfslieferungen nach Lukavac bringt. In Lukavac kümmerte sich der ASB-Vertreter um das Verteilungssystem der Hilfsgüter, die auch aus Bremen in die Stadt kommen. Die werden auf die Stadtteile und umliegenden Dörfer nach einem Schlüssel verteilt, der sich nach der Zahl der Bedürftigen richtet. Gehlhaar: „Das ist auch mit Sicherheit an die Richtigen gegangen.“

Und doch reichten die Hilfslieferungen bei weitem nicht aus, die Stadt über den Winter zu retten. In vier Wochen, so Gehlhaar, seien die Vorräte erschöpft. Es sei allerhöchste Zeit, größere Konvois in Bewegung zu setzen, ehe der Winter die einzige Zufahrtsstraße über die Berge noch unpassierbarer macht, als sie ohnehin schon ist.

Zu den Versorgungsschwierigkeiten der eigenen Bevölkerung kommt für Lukavac die Versorgung der Flüchtlinge. Allein in den letzten Wochen hat die Stadt mehr als tausend Moslems aus der Umgebung aufgenommen, die von den bosnisch-serbischen Truppen aus ihren Dörfern vertrieben worden sind, trotz der Verhandlungen, trotz der Präsenz der UN-Truppen, trotz der Aufhebung des Embargos gegen Serbien. Gehlhaar: „Die brauchen alles, von Seife bis Winterkleidung.“ Nach der allgemeinen Hilfe wäre genau das die Gruppe, die unterstützt werden müßte, sagen die Bosnien-AktivistInnen.

Dazu will sich die „Brücke der Hoffnung“ um die Ausstattung des medizinischen Zentrums in Lukavac und um ein Berufsschulzentrum kümmern. Dort waren bis vor kurzem Flüchtlinge untergebracht, entsprechend mitgenommen sehen jetzt die Klassenräume aus. Gehlhaar: „Wir hoffen, eine Partnerschaft mit der Bremer Bildungsbehörde anleieren zu können.“

Die Hilfe muß rasch kommen, darin sind sich der Bürgermeister und die Brener AktivistInnen einig. Hsan Hodzic: „Der UNHCR (die UN-Organisation für Flüchtlinge, d. Red.) hat seine Hilfe gemindert, und das Rote Kreuz hat seine Hilfe für Rentner ganz eingestellt.“ Und zwei Tage vor der Abreise des Bürgermeisters wurde die Stadt von serbischer Seite wieder beschossen, pünktlich zum Schuljahresbeginn, und aus einem Gebiet, das nach den international ausgehandelten Plänen eigentlich der bosnisch-kroatischen Union zugeschlagen war.

Ihre zweite Spendenkampagne will die Brücke der Hoffnung nun für Frauen im kroatischen Split starten. Seit einigen Monaten schon helfen dort die BremerInnen einer Reihe von Frauen, meistens mit mehreren Kindern, die buchstäblich auf der Straße stehen. Daß ihnen von den kroatischen Behörden Wohnung und Job gekündigt wurden hat nur einen Grund: Sie hatten den falschen Mann geheiratet, nämlich einen Moslem oder Serben. Meist sind es die mittlerweile alleinstehenden Frauen von Angehörigen der ehemaligen jugoslawischen Bundesarmee, die nun aus den ehemaligen Dienstwohnungen geworfen und im Beruf gekündigt werden. Andrea Frohmader von der „Brücke der Hoffnung: „Das ist eine stille ethnische Säuberung.“ Mehr als 400 Fälle sind den BremerInnen bekannt, den zwanzig dringendsten soll nun geholfen werden.

Brücke der Hoffnung, Kto.: 1186618, BLZ 29050101; Für Split Stichwort „Frauen in Split“ J.G.