Bosse-Sanierung möglich

■ Nach Kündigung der MitarbeiterInnen der Firma Bosse entwickelt Betriebsrat Modell für Fortführung der Produktion

Trotz Zahlungsunfähigkeit, Konkursantrag und Kündigung aller rund 200 Beschäftigten hofft der Betriebsrat der Bosse Telekomsysteme GmbH, das Kreuzberger Unternehmen zumindest teilweise retten zu können. Die Betriebsversammlung beschloß jetzt die Einrichtung einer Arbeitsgruppe, die gemeinsam mit IG Metall und Senat neue Wege für die Firma an der Reichenberger Straße suchen soll.

Die Geschäftsführung hatte am 7. September beim Amtsgericht Kreuzberg Antrag auf Eröffnung des Konkurses gestellt und die MitarbeiterInnen am vergangenen Donnerstag gekündigt (die taz berichtete). Nachdem er die Zahlenkolonnen der Betriebsstatistik durchgearbeitet hat, sagte Betriebsratsvorsitzender Hans-Jürgen Schneider: „Das Unternehmen ist zwar zahlungsunfähig, aber nicht überschuldet.“ Außerdem habe Bosse trotz mangelnder Innovationsleistung der Geschäftsführung immerhin einige konkurrenzfähige und zukunftsträchtige Produkte zu bieten. Dazu gehöre eine Telekommunikationsanlage, die analoge und digitale Nachrichtentechnik miteinander verbindet. „Damit ist Bosse zur Zeit führend in Europa“, meint der IG-Metall- Sekretär für Kreuzberg, Siegfried Masson.

Gehandelt werden drei Zukunftsmodelle, die sich auch kombinieren lassen. Betriebsrat, Senat und Bezirksamt suchen Investoren, die aus der Konkursmasse die innovationsträchtige Entwicklung und Produktion mit maximal 100 Beschäftigten übernehmen. Eventuell lassen diese MitarbeiterInnen das ihnen aus dem Sozialplan zustehende Geld als Startkapital in dem ausgegliederten Betriebsteil. Zweite Variante ist die Gründung eines sogenannten Profitcenters, in dem ein Überbleibsel von Bosse gemeinsam mit anderen Berliner Telekombetrieben Leiterplatten fertigt. Hinzukommen muß drittens eine zu erheblichen Teilen vom Senat finanzierte Innovations- oder Qualifizierungsgesellschaft, die einige MitarbeiterInnen umschult oder ihnen zumindest eine besser als die Arbeitslosigkeit bezahlte Warteschleife vor der Rente anbietet.

IG-Metall-Sekretär Masson ist mit der Kündigung der Beschäftigten höchst unzufrieden, weil sie die Fortführung des Unternehmens erschwere. Er forderte den vom Amtsgericht eingesetzten Zwangsverwalter und die Unternehmensleitung auf, anstatt über die schnelle Abwicklung über Sanierungsmaßnahmen zu verhandeln. Hannes Koch