Neonazi gesteht S-Bahn-Überfall

■ 18jähriger gibt zu, einen Ghanaer aus einer fahrenden S-Bahn bei Berlin geworfen zu haben

Berlin (taz) – Ein 18jähriger Rechtsradikaler aus Oranienburg hat gestanden, in der Nacht zum 17. September gemeinsam mit drei Freunden einen 25jährigen Asylsuchenden aus Ghana auf dem Weg von Berlin nach Oranienburg aus einer fahrenden S-Bahn geworfen zu haben. Das erklärte gestern der ermittelnde Neuruppiner Staatsanwalt gegenüber der taz. Als Motiv für den Mordanschlag habe der 18jährige seine „rechtsradikale Einstellung“ angegeben, so der Staatsanwalt weiter. „Es scheint für ihn eine Selbstverständlichkeit zu sein, daß man einen Farbigen, den man in einer solchen Situation trifft, auch mißhandeln darf.“ Der 18jährige, der der Brandenburger Polizei bisher als S-Bahn-Surfer bekannt war, wurde schon am Mittwoch abend festgenommen. Die übrigen Festnahmen erfolgten gestern. Gefunden habe man die Täter durch „sture Ermittlungsarbeit“, erklärte die Staatsanwaltschaft Neuruppin weiter. Ein Teil der S-Bahn-Surfer-Szene sei dafür bekannt, nachts S-Bahn-Passagiere im Berliner Umland zu tyrannisieren. Ein Tatzeuge habe sich nach wie vor nicht gemeldet. Auch ein anonymer Brief mit der Darstellung des angeblichen Tathergangs, der am Mittwoch abend eingegangen war, habe nicht weitergeholfen. Der 18jährige Oranienburger hat offensichtlich gegenüber der Polizei ein umfangreiches Geständnis abgelegt: Er habe angegeben, in der Nacht zum 17. September gemeinsam mit drei „Gesinnungsgenossen“ die S-Bahn bestiegen und zunächst in einem Wagen die Scheiben zertrümmert zu haben, erklärte der Staatsanwalt. Danach hätten sie in einem anderen Wagen den Asylsuchenden geschlagen und beraubt und ihn dann aus der fahrenden S-Bahn geworfen.

Erst am kommenden Vormittag hatten Bahnarbeiter den bewußtlosen Ghanaer schwerverletzt zwischen den Gleisen liegend gefunden. Er hatte einen Schädelbasisbruch erlitten, ein Unterschenkel und drei Zehen mußten amputiert werden. Erst nach fünf Tagen erlangte der Mann sein Bewußtsein wieder und schilderte der Polizei den Tathergang. Bei dem Mordanschlag hätten 15 Passagiere zugesehen, ohne einzugreifen, erklärte er damals. Auch jetzt noch bemüht sich die Staatsanwaltschaft Neuruppin, Zeugen zu finden. Am vergangenen Freitag war eine Belohnung von 20.000 Mark für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, ausgesetzt worden. Jeannette Goddar