Abgeschotteter Block

■ Der Strukturplan der "Dorotheenblöcke" am Reichstag sieht aus, als wären Sicherheitsfanatiker am Werk gewesen

Es ist nichts Neues, daß den geplanten Regierungs- und Parlamentsvierteln im Spreebogen der Geruch zukünftiger Abgeordnetenghettos anhaftet. Auch bei den geplanten „Dorotheenblöcken“ östlich des Reichstags, von denen jetzt der Strukturplan auf dem Tisch liegt, könnte man meinen, daß die Sicherheitsbeamten des Bundesgrenzschutzes den Architekten den Stift geführt haben. Der Plan sieht vor, in acht dicken, miteinander verbundenen Blöcken für rund 400 Abgeordnete über 2.000 Büros, Fraktions- und Sitzungssäle einzurichten. Hinzu kämen Tiefgaragen, Lagerräume und Technikeinrichtungen.

Die „unheimlichen Dimensionen“ des vorgesehenen Abgeordnetenzentrums stoßen bei Ulla Luther, Abteilungsleiterin für Architektur und Städtebau in der Senatsbauverwaltung, auf Kritik. Die sechsgeschossigen Blöcke respektierten zwar die historische Traufhöhe und die Maßstäblichkeiten der beiden denkmalgeschützen Nachbarhäuser, so Luther, die große Masse des Blocks, die Arbeitswege, Sicherheitsvorkehrungen und internen Brückenverbindungen verstießen aber gegen die „Charakteristika des historischen Umfeldes“. Die Bonner Vorgaben für die Größe und Dichte der Dorotheenblöcke würden zu einer gleichförmigen blockartigen Parlamentsstadt, zu einem „introvertierten Gebäudekomplex“ geführt, der einer geschlossenen „fast klösterlichen“ Anlage gleichkomme. Statt den öffentlichen Raum zu bedienen und dem „Sicherheitswahn“ eine Abfuhr zu erteilen, werde ein abgeschotteter, undurchdringlicher Block aufgebaut, dessen Charakter „unheimlich“ werde. Das bedeute letztlich, daß Politiker mit den Bürgern nichts zu tun haben wollten, folgert die Senatsrätin. Die Abgeordneten erreichten den Plenarsaal etwa durch unterirdische Gänge.

Der Entwurf für die beiden Dorotheenblöcke stammt von fünf Architektenteams, die ihre individuellen Planungsansätze zusammenwarfen. Die gemeinsame Konzeption entstand unter der Federführung der Bundesbaugesellschaft Berlin (BBB).

Der Entwurf mache im Hinblick auf die städtebauliche Struktur und die Arbeit der Abgeordneten des Bundestages „durchaus Sinn“, verteidigt die BBB-Sprecherin Lehnhöfer die Planung gegenüber der taz. Außerdem handle es sich bei dem Konzept nur um „eine vorläufige Verhandlungsgrundlage, um eine konzeptionelle Machbarkeitsstudie“, die noch weiterentwickelt werden müßte – in welche Richtung, ließ die Sprecherin jedoch offen.

Wie frei die Architekten in ihren Entwürfen letztendlich sein können, wird die Zukunft zeigen. Ein Indiz für die Herrschaft der Sicherheitsfanatiker und Angstmacher allerdings bleibt: Die Baukommission des Bundes stimmte dem Strukturplan bereits zu. Safety first, hieß es. Rolf Lautenschläger